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Drei CDs umfasst die ungekürzte Lesung dieses Buches der Autorin, die in diesem Fall nicht wie bei den anderen Hörbüchern von Marlen Dieckhoff, sondern von Fritzi Haberlandt vorgetragen wird.
Amelie bemüht sich um einen Arbeitsplatz in Japan. Als Kind lebte sie dort und fühlte sich stets als Japanerin, wollte immer in dieses Land zurück. Ihre Bemühungen und nicht zuletzt ihre zahlreichen Qualifikationen tragen auch Früchte, und so begibt sich Amelie in ein großes japanisches Unternehmen und tritt ihre Stelle als Dolmetscherin an, die zunächst für die Dauer eines Jahres befristet ist.
Dass ihre Kindheitserinnerungen und ihre Vorstellungen von Japan der Realität nicht entsprechen, lernt Amelie schneller, als ihr lieb ist.
Zunächst tröstet eine Kollegin und Vorgesetzte Amelie, wenn diese wieder einmal wegen für die Europäerin nicht nachvollziehbaren Dingen gerügt wurde, doch diese Japanerin ist es schließlich auch, die Amelie denunziert, als sich diese aus eigener Initiative um herausfordernde Tätigkeiten bemüht und sie heimlich neben ihren Tätigkeiten - wie Kaffee kochen und servieren, Kopien erstellen und Kalenderblätter abreißen - ausübt.
Die folgende Versetzung in die Buchhaltung ist jedoch lang nicht der letzte Schritt auf Amelies Weg nach unten, der schließlich endet, als Amelie zur Toilettenfrau degradiert wird - und selbst dort findet man noch Gründe, ihre Arbeit zu bemängeln.
Die Geschichte der Autorin ist autobiographisch. Dieses Jahr in Japan hat die Autorin tatsächlich erlebt und lässt den Leser beziehungsweise Hörer diese Zeit miterleben.
Amelie Nothomb beschränkt all ihre Beschreibungen stets auf ihre Sicht und ihr Unverständnis, bemüht sich auch, das Verhalten ihrer "Gegner" zu erläutern und zu erklären. Dabei ist sie sich nicht zu schade, auch die wirklichen Fehler, die ihr während ihrer Tätigkeit in dem japanischen Konzern unterlaufen sind, zu erläutern. Daraus ergibt sich ein authentisch wirkendes Bild, bei dem nichts geschönt oder allzu überspitzt wirkt, dennoch die Rollen klar verteilt wurden und ebenso von Lesern und Hörern erkannt werden können.
Die Autorin tat sehr gut daran, ihr Privatleben in dieser Zeit nicht Teil der Geschichte werden zu lassen. Tatsächlich spielen sich alle 175 Minuten der Lesung in dem Konzern selbst ab. Dadurch wird das Erzählte umso dichter und man wird an keiner Stelle aus dem Geschehen gerissen. Dies ist so geschickt konstruiert worden, dass man sich aber tatsächlich auch an keiner Stelle fragt, wie Amelie ihre Freizeit verbracht hat, bis sie selbst am Ende des Buches erklärt, warum sie diese Passagen ausgelassen hat.
Die Geschichte ist eine extreme, die trotzdem ein großes Maß an Heiterkeit zu bewirken weiß. Amelie Nothomb begegnet den Ereignissen gelassen und mit einer Gewitztheit, die ihresgleichen sucht, gibt die Suche nach dem richtigen Weg zur Akzeptanz allerdings auch nicht auf. Bis zum letzten Tag versucht sie den Mittelweg zwischen persönlichem Stolz und Anpassungsnotwendigkeit zu beschreiten. Ob es ihr gelingt - sollte jeder Hörer für sich entscheiden.
Die Sprecherin Fritzi Haberlandt ist nicht nur eine recht bekannte Schauspielerin, sondern für diese Rolle auch ausgesprochen gut geeignet. Im Vergleich zu Marlen Dieckhoff, die andere Hörbücher von Amelie Nothomb verlas, bringt sie eine jugendliche Frische mit, die genau zum Thema des Buches passt. Immerhin ist Amelie noch jung, als sie die Stelle in Japan antritt und kann auch eine gewisse Naivität nicht verbergen.
Ebenso wie Marlen Dieckhoff vermag es auch Fritzi Haberlandt, die blumigen und kunstvollen Satzkonstrukte der Autorin mit Leben zu füllen und sie an den richtigen Stellen hervorzuheben. Genau richtig, um den Hörer mit ihnen zu verwöhnen, ihn aber nicht dadurch zu bedrängen.
Insgesamt ein sehr lohnenswertes Werk von Amelie Nothomb, das erfrischend vorgetragen wird und neben einer schier unglaublichen Geschichte auch einige Hintergrundinformationen zur japanischen Einstellung und Weltsicht, ebenso wie einige Lacher parat hält.