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Simone ist ein ganz normales Mädchen und lebt ein normales, in ihren Augen langweiliges Leben. Gerade hat ihre ältere Schwester Clara einen Studienplatz in einer anderen Stadt bekommen und zieht nun aus.
Als Simone dabei ist, im Zimmer ihrer Schwester nach deren Geheimnissen zu schnüffeln, klingelt es an der Tür. Draußen steht ein Junge, etwa zwei Jahre älter als Simone, der behauptet, ihr Bruder zu sein. Da er dunkelhäutig ist, Simones Eltern aber weiß, hält sie das für unmöglich und will ihn abweisen.
Doch er lässt sich nicht verscheuchen, er besteht darauf, dass sie den gleichen Vater haben. Seine Mutter sei vor einer Woche gestorben und habe ihm die Adresse und den Namen mitgeteilt, so dass er sich allein von Brasilien nach Deutschland aufgemacht habe. Ihr Vater reagiert geschockt und es wird deutlich, dass er die Mutter von Bernardo, wie der Junge heißt, kannte. Nicht minder entsetzt ist auch Simones Mutter.
Doch der Junge darf bleiben, erst mal, auch wenn es nicht lange dauert, bis es zu ersten Spannungen in der Familie kommt. Und nicht nur dort. Denn Bernardos Haut ist dunkel wie Schokolade, entsprechend ist er bald auch rassistischen Anfeindungen und Vorurteilen ausgesetzt. Doch Bernardo beeindruckt auch durch seine Fähigkeiten. Da darf er dann auch ruhig seine Umwelt nerven und der große, von Simone bewunderte, Besserwisser sein.
Bei diesem Roman gibt es ein ganz großes Problem: Seine Glaubwürdigkeit und die Figurengestaltung. Es ist bestimmt nicht selten, dass Familienväter im Ausland außereheliche Affären haben und daraus dann das eine oder andere Kind entspringt. Dass dieses Kind dann plötzlich vor der Tür steht, mag auch vorkommen.
Aber dass dieses Kind eine Art Universalgenie ist, wirkt einfach nur unglaubwürdig. In einer FanFiction würde man eine Figur wie Bernardo als Mary Sue bezeichnen. Zumal alle anderen Figuren als unfähig dargestellt werden, sobald Bernardo auftaucht. So hilft er bei einer Schafsgeburt, bei der der erfahrene Schäfer selbst plötzlich ahnungslos ist, was zu tun ist. Bernardo kommandiert die Erwachsenen herum, lässt Simones Vater, der als Jugendrichter sicherlich weder dämlich noch auf den Mund gefallen ist, wie einen Idioten dastehen. Und alle lassen es sich auch noch gefallen. Nun ja, zum Glück nicht lange und nicht alle, denn ein Vaterschaftstest soll Klärung bringen und besonders in der Schule gibt es dann Probleme durch die Mitschüler. Was ihnen allerdings niemandem verdenken kann, denn Bernardos ist einfach ätzend.
Mag sein, dass sehr jungen Kindern eine solche Superhelden-Figur, die Erwachsene dumm dastehen lässt, gefällt, jeder ältere Leser wird allerdings wenig Freude an dem Super-Jungen haben. Der dabei natürlich auch in Brasilien total arm war, immer anständig blieb, brav zur Schule ging und erzählt, wie schlimm sein Leben war.
Stilistisch ist dieser Roman klasse. Der Schreibstil ist super, sehr fesselnd, wunderbar flüssig zu lesen. Der Titel ist schlecht gewählt, da Bernardo zwei Jahre älter als Simone ist. Das Thema an sich ist super, ungewöhnlich in einem Jugendbuch, aber durch die Figurenzeichnung verliert Bernardo leider alle Sympathien. Kinder von etwa zehn Jahren werden sich daran allerdings wohl nicht stören, Bernardo toll finden und das Buch mögen. Daher sei es auch genau diesen Lesern empfohlen.