Gesamt |
|
Aufmachung | |
Bildqualität | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Die Scheibenwelt-Romane des britischen Kultautors Terry Pratchett gehören zu den erfolgreichsten Fantasy-Reihen überhaupt. Herrlich skurril und schräg, aber auch voller Spannung und feiner Ironie sind seine Geschichten, von denen es inzwischen über dreißig gibt. Innerhalb der Bücher spielen zahlreiche Gerichte, kulinarische Spezialitäten und Lebensmittel mal mehr, mal weniger wichtige Rollen. Mit Hilfe von "Nanny Oggs Kochbuch" können all die herrlichen Rezepte, die den Leser sicher mehr als nur einmal zum Lachen gereizt haben, nachgekocht werden.
Erinnert sich noch jemand an den "Erdbeerwackler"? Oder an die "Mohrrüben-und-Austern-Pastete"? ("Mohrrüben, damit man im Dunkeln sieht, und Austern, damit es was zu sehen gibt."). Nicht nur Nanny Oggs eindeutig-zweideutige Kreationen ("Schokoladenentzücken mit spezieller Spezialsoße") sind hier aufgelistet, sondern unter anderem auch die legendäre "Potzblitz-Soße", die der Oh-Gott-des-Katzenjammers in dem Roman "Schweinsgalopp" von den Zauberern der Unsichtbaren Universität vorgesetzt bekommt, wonach er zum ersten Mal in seinem Leben nüchtern ist. Kulinarisch gesehen bietet das Kochbuch in rund fünfzig Rezepten eine multikulturelle Reise über die komplette Scheibenwelt: Das ordinäre Haxenbrötchen der bodenständigen Ankh-Morporkianer ist ebenso vertreten wie "Echter Wiewunderland-Curry" aus dem Wiewunderland, "Knubbelknödel" aus dem kleinen Königreich Lancre und "Klatschianische Wonne" aus dem fernen Land Klatsch. Auch das berüchtigte Zwergenbrot, das problemlos als Waffe herhalten kann, oder die leckere Rattenpizza "Quattro Rodenti" können mit diesem Werk selbst zubereitet werden. Sogar Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin-Schnappers berüchtigte Würstchen-im-Brötchen sind vertreten.
Nicht alle Rezepte sind wirklich ernst gemeint: Für die Obsttörtchen des Absolut Bekloppten Johnson soll man zunächst 30.000 Tonnen Mehl und 30.000 Teelöffel Salz in einen Container sieben. Der Teig selbst wird auf der Straße oder auf einem öffentlichen Platz ausgerollt, und die Backzeit des fertigen Produkts ist laut Kochbuch "unbekannt, in jedem Fall aber viel zu lang." Abgesehen von solchen humorvollen Seitenhieben auf die Handlung der Romane sind aber nahezu alle Rezepte nachzubereiten und natürlich auch essbar!
Während manche Kreationen dem ambitionierten Hobby-Koch nicht allzu viel abverlangen - etwa Lord Vetinaris Lieblingsessen "Brot und Wasser" -, gibt es durchaus Rezepte, welche Vorbereitung und Zeit benötigen, zum Beispiel "Frau Gogols hellseherisches Gumbo" aus dem Roman "Mummenschanz". Manche Zutaten, zum Beispiel Okras, sind hierzulande nicht in jedem Supermarkt erhältlich, dürften aber dennoch aufzutreiben sein (etwa im türkischen Lebensmittelladen).
Das Kochbuch aus dem Verlag Goldmann ist herrlich aufgemacht und mit zahlreichen Zeichnungen von Paul Kidby, der auch die Cover der Scheibenweltromane zeichnet, liebevoll illustriert. Die Rezepte stehen nicht nur stumpf untereinander, sondern sind in kleine Anekdoten und Erklärungen eingebunden und kommentiert. Dem Rezeptteil ist ein fiktiver Briefwechsel des Lektors und des Verlegers (aus "Mummenschanz") vorangestellt; nach den Rezepten folgt ein längerer Teil mit dem Titel "Über Etikette", in dem Nanny Ogg die verschiedenen Gewohnheiten der Scheibenwelt-Bewohner vorstellt.
Ein kleines Manko ist das Format in DIN A5, da man bei Kochbüchern meiner Meinung nach eher ein praktisches, größeres Format braucht, um in der Küche ungestört arbeiten zu können. Aber vielleicht wird der wahre Fan das Scheibenwelt-Kochbuch auch lieber ins sichere Regal stellen, statt es unschönen Fettflecken und Soßenspritzern auszusetzen? Ich persönlich finde, dass man diese Rezepte tatsächlich nachkochen muss; gegebenenfalls kann man Kopien von den Rezepten anfertigen, um das Buch zu schonen. Im Selbstversuch getestet wurde das Rezept für "Bauchvoll", eine Art Eintopf mit Hackfleisch und Spinat. Das Ergebnis: Die Rezepte sind ohne größere Mühe auch von Laien nachzukochen - geschmeckt hat es auch. Es gibt allerdings im gesamten Buch keine Abbildungen oder gar Fotos der fertigen Gerichte, daher ist man sich teilweise unsicher, ob das Resultat der Romanvorlage auch wirklich entspricht. Der Spaß, den dieses Kochbuch zweifelsohne bereitet, wiegt dies aber mehr als auf!
Fazit: Wer die Scheibenwelt-Romane von Terry Pratchett nicht kennt, wird den Witz der Rezepte, ja des ganzen Kochbuchs, nicht verstehen. Wer sie kennt, wird das Kochbuch lieben.
Es handelt sich also tatsächlich um ein Buch für Fans und Anhänger des britischen Kultautors. Eine ganz klare Kaufempfehlung für jeden, der die Romane mag, gerne kocht und seinen Lieblingscharakteren noch näher sein will, etwa mit "Klebriger Toffee-Ratte am Stiel" oder "Frau Allesweiß arterienverhärtender Sylvesterpastete".