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Der erste Band der "Sky Doll"-Serie von Alessandro Barbucci und Barbara Canepa wurde in Deutschland im Jahr 2000 veröffentlicht, Teil zwei und drei folgten bald. Leider war die Geschichte damit aber noch nicht abgeschlossen und die Fans warten bis heute darauf, dass sie endlich weitergeführt wird. Und auch wenn nun wieder Alben mit dem Titel "Sky Doll" erscheinen, ist es doch nur ein Tropfen auf den heißen Stein, denn die heiß ersehnte Fortsetzung enthalten sie nicht. Die "Sky Doll Collection" ist eine Sammlung von Kurzgeschichten aus dem Universum der "Sky Doll", die mit "Lacrima Christi" in die zweite Runde geht. Wie auch schon der erste Teil "
Spaceship" enthält auch dieser eine Episode, die komplett von den ursprünglichen Machern Barbucci und Canepa erschaffen wurde. Alle anderen sind Gastzeichnern zuzuordnen, so dass jede Geschichte einen völlig eigenen Stil hat, der stellenweise extrem von dem Babuccis abweicht.
Die Welt, die den Lesern hier präsentiert wird, wird dominiert von einer künstlich erschaffenen Religion und beleuchtet die Auswirkungen dessen, was die Medien und der Hype um die Päpstinnen mit ihren Bewohnern anstellt. Natürlich dient diese Umgebung als Spiegel unserer eigenen Gesellschaft, überzeichnet sie in ihrer Frivolität und Gewalt aber um ein Vielfaches. Die Verbindung von niedlichen Figuren und anzüglichen Szenen stellt eine gelungene Kombination dar, die in ihrer Art einzigartig sein dürfte. Anstößigkeit wurde selten mit so viel Stil und unterhaltsamer Kritik präsentiert.
In diesem Band liegt der Fokus klar auf der Figur Agape. Ihre Rolle zu beschreiben ist schwierig, man sollte die ursprünglichen Comics lesen, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wer sie ist. Überhaupt dürfte der Einstieg in die Welt sehr schwierig sein, wenn man mit den Kurzgeschichten anfängt, da nur die wenigsten selbsterklärend sind. Man kann sie zwar für sich genommen verstehen, noch interessanter werden sie allerdings, wenn man sie im Kontext mit den anderen Geschehnissen liest. So bezieht sich "Sleeping Dreamer" zum Beispiel auf Dinge, die mit den Aquarianerinnen geschehen sind und zeigen eine logische Weiterentwicklung dieser Gesellschaft auf, die gleichzeitig zurück zu den Anfängen geht.
Besonders grausam, aber doch zugleich ästhetisch ansprechend ist "White Cinderella", eine Geschichte um eine junge Frau, die via Los zur "Päpstin für einen Tag" gewählt wird. Das stellt an sich eine große Ehre dar und ist eins der beliebtesten Medien-Events überhaupt. Hinter den Kulissen passieren jedoch Dinge, die schändlich und verwerflich sind.
"The Saint in a bottle" ist eine Geschichte über den Umgang mit Macht und wie sie uns verändern kann. Hier spielt das eigentliche "Sky Doll"-Universum nur eine untergeordnete Rolle. Wie auch schon die vorangegangenen Titel teilweise verraten und "The Papess's new Clothes" zusätzlich verdeutlicht, sind diesmal außerdem sehr viele Anspielungen auf Märchen in den einzelnen Geschichten versteckt. Beim zuletzt genannten Titel - auf Deutsch "Der Päpstin neue Kleider" - ist diese Anspielung mehr als deutlich zu erkennen und lässt erahnen, dass man die Päpstinnen natürlich auch in entsprechend unbekleidetem Zustand sieht. Die von Alessandro Barbucci und Barbara Canepa verfasste Geschichte "In the Mirrow" entführt den Leser in ein Universum, das sehr viele seiner Ideen aus Lewis Carrolls "Alice im Wunderland" geborgt hat.
Mit der "Lacrima Christi Collection" haben die Geschichten um die Päpstinnen Ludowika und Agape noch einmal deutlich an Frivolität zugenommen. Während der erste Band der "Sky Doll"-Serie noch sehr viele verspielte Elemente enthielt, sucht man hier vergeblich nach Untertönen zum Schmunzeln. Ganz im Gegenteil wurde sich hier auf ein deutlich härteres Kaliber im Umgang mit Gewalt und Sex verlegt, allerdings ohne dass es dabei zu anstößig wird oder die Gesellschaftskritik aus den Augen verloren worden würde. Wenn man sich wirklich auf die tieferen Bedeutungen der Geschichten einlässt und nicht nur in den farbenfrohen Bildern schwelgt, kann man sogar durchaus philosophische Ansätze entdecken. Auch dieser "Sky Doll"-Band ist also wieder deutlich an den anspruchsvollen Comicleser gerichtet, der nicht nur oberflächlich in eine gezeichnete Welt eintauchen will, sondern sich intensiv mit Inhalten beschäftigt.
Auf der Verlagswebseite findet man eine ausführliche Leseprobe.