Rechtsmediziner werden gerne gefragt, was denn ihr aufregendster Fall gewesen sei. Doch nach welchen Kriterien soll das beurteilt werden? Soll der Fall besonders grausam oder besonders makaber sein? Oder eher ein Fall, der die grauen Zellen des Rechtsmediziner mehr als andere Fälle forderte? Besondere Umstände könnten auch einen interessanten Rahmen der Geschichte bieten. Es handelt sich also um eine schwere Frage, der trotzdem 22 Institutsleiter Rechtsmedizinischer Institute aus Deutschland, Österreich und der Schweiz nachgekommen sind und die in diesem Sammelband ihren spannendsten oder kniffligsten Fall schildern.
Das Buch richtet sich eher an Fans solcher Serien wie CSI und an "Leute vom Fach" als an den "Durchschnittleser". Denn keiner der Autoren ist gelernter Schriftsteller und das merkt der Leser des Öfteren, sind doch manche Passagen sehr langatmig geschrieben. Bei manchen Autoren kommt aber auch eine leicht humoristische Ader durch, wenige schreiben richtig unterhaltsam. Manchmal wird arg gefachsimpelt, das ist dann für den Laien nur bedingt interessant, der kann dann auch mal ganze Absätze überfliegen.

Zum Durchlesen ist der Sammelband nur bedingt geeignet, aber wenn man sich jeden Tag zwei bis drei Fälle durchliest, hat das Buch sehr wohl seinen Reiz. Das Vorwort von Generalbundesanwalt Kay Nehm ist nur sehr kurz gehalten und betont die Notwendigkeit der Rechtsmedizin. Der Herausgeber erzählt danach nur kurz von den Problemen, einen Fall herauszugreifen und vom Entstehen des Sammelbandes. Dann geht es auch schon mit den Fällen los.

Bei manchen braucht der Leser schon einen etwas festeren Magen und starke Nerven. Tatort- und Leichenfotos sind sicherlich auch nicht jedermanns Sache.
Manche Fälle sind besonders interessant und die Mischung macht das Buch dann doch lesenswert: Teilweise sind es interessante Todesarten, die beschrieben werden. Manchmal muss herausgefunden werden, ob es Mord, Selbstmord oder Unfall war, ein anderes Mal geht es darum, einen Täter zu überführen oder zu klären, wer nun genau welchen Anteil an einem Mord hatte.
Dann gibt es noch besondere Fälle, zum Beispiel den eines Nekrophilen, dessen Vorlieben an Schweigen der Lämmer erinnert. Oder der letzte Fall, der in Österreich spielt und bei dem es sich um die Frage Mord oder Selbstmord dreht, der sich aber vor über hundert Jahren ereignete. Auch die Begleitumstände der Ermittlungen sind hier krimireif.

Zusammengefasst kann man sagen, der Laie wird nicht immer alles verstehen und teilweise vom Schreibstil abgeschreckt sein. Letztlich ist es aber, in kleinen Dosen genossen, für Fans ein interessanter Sammelband, der eben die Realität der Rechtsmedizin beleuchtet, wenn auch die Fälle natürlich nicht alltäglich oder Standard sind. Aber es handelt sich eben definitiv nicht um Krimis oder einen Roman. Fachkundige Leser werden natürlich anders an diesen Band herangehen und sicherlich die aufregendsten Fälle ihrer Kollegen mit Genuss verfolgen.