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Wenn jemand sagt, er speist wie ein König, dann will er damit aussagen, dass er reichlich und köstlich gegessen hat. Allerdings hinkt der Vergleich, da das, was wir heute in unserer Speisekammer zur Verfügung haben, es oftmals zu Zeiten der Könige noch gar nicht gab, da es aus Amerika stammt, oder die Zubereitungsart noch unbekannt war. Und würden wir das essen, was in früheren Jahrhunderten am Hofe auf den Tisch kam, wäre es unmöglich, all die Mengen an Gängen und vor allen Dingen das viele Fett zu bewältigen. Doch ein Blick in die Kochtöpfe adeliger Häuser und ein Abstecher in die "Kaiserliche Küche" lohnen sich dennoch allemal.
Die Habsburger haben über einen ungewöhnlich großen Zeitrahmen immer wieder deutsche Könige und römisch-deutsche Kaiser gestellt. Die badeten sozusagen generationenlang im Licht ihres Erfolgs. Dadurch kamen ihre Nachfahren nicht nur in den Genuss einer außergewöhnlichen Erziehung, sondern ebenso in Kontakt mit einer erlesenen Küche, in der das Beste der damaligen Zeit aufgetischt wurde. Doch die Vorlieben jedes Habsburgers waren teilweise grundverschieden. Zusätzlich hat sich die Speisetradition vom 13. Jahrhundert bis jetzt extrem geändert.
Gabriele Praschl-Bichler und Ger Wolfgang Sievers haben aus der langen Stammfolge der Habsburger einige der interessantesten Charaktere ausgewählt: Kaiser Joseph I., Kaiser Karl V., Kaiser Leopold I., Erzherzog Johann, Kaiser Franz Joseph und viele andere. Anhand ihrer Lebensgeschichte und Vorlieben zeichnen die Autoren ein Portrait der kaiserlichen oder königlichen Tafeln und stellen dazu passende Gerichte vor. Hierzu gibt es oftmals interessante Anekdoten und, soweit vorhanden, eine schriftliche Ausführung der originalen Kochanleitung, die für die Gegenwart angepasst und teilweise umgeschrieben darunter zu finden ist.
"Kaiserliche Küche" ist in erster Linie nicht als Kochbuch zu verstehen. Vielmehr entführt es den Leser in die Geschichte der Habsburger und ihre Zeit. Jeder der herausgestellten Personen wird genauestens porträtiert. Man erfährt Näheres über den Werdegang und die persönliche Interessen des jeweiligen Habsburgers und über die politischen und historischen Hintergründe. Danach wird das kulinarische Leben jener Zeit genauer unter die Lupe genommen. Schließlich hat sich der Adel auch durch seine Speisegewohnheiten vom normalen Volk abgehoben und deswegen stets darauf geachtet, erlesen und exquisit zu speisen. Diese Abgrenzung gelang dadurch, dass man Jagdwild, das nur der Adel erlegen durfte, verspeiste, man mit seltenen und kostbaren Gewürzen verschwenderisch umging, Fett und Schmalz in großen Mengen verwendete und reichhaltige mehrgängige Bankette ausstattete. So sind hier zum Beispiel Haselhühner nach Friesental-Art vertreten, Hammelbraten mit viel Safran, Kreuzkümmel und Zimt oder gebratener Kapaun mit Edelkastanien und Trüffel.
Nach jeder kurzen Biographie erhalten die Rezepte Platz, um für sich selbst zu sprechen. Oftmals gibt es eine historische Quelle, die als kurzer Abriss vorangestellt wurde. Da meist Zeit- und Mengenangaben fehlen, ist klar, dass die Rezepte zum Nachkochen keine exakten Kopien sein können. Gleichzeitig wurden die Speisen an die modernen Essgewohnheiten angepasst und die oft verschwenderisch verwendeten Gewürzmengen gemindert. Interessant ist hierbei, dass die meisten Mahlzeiten recht schlicht ausfallen. Es fehlt die Raffinesse, die man vielleicht erwartet hätte. Dies wird allerdings durch teilweise recht ungewöhnliche, aber dennoch wohlschmeckende Kompositionen der Lebensmittel wieder wett gemacht. Wer möchte, kann sich so kulinarisch quer durch die Habsburgische Zeit kochen und erleben, welche Fortschritte es im Feld der Küche gab.
Eine wunderbare Mixtur aus historischer Abhandlung und kaiserlichem Kochbuch. Sowohl Küchen- als auch Geschichtsinteressierte finden hier eine Fülle an interessanten und so noch nie dargestellten Inhalten über die Familie der Habsburger und ihre kulinarischen Gewohnheiten.