Entsetzen macht sich im großen Saal der Unsichtbaren Universität breit. Was Ponder Stibbons da von den altehrwürdigen Zauberern verlangt, grenzt an Majestätsbeleidigung. Sie sollen ein Fußballspiel austragen. Ein Spiel, das inmitten von Tausenden Anhängern in den Straßen von Ankh-Morpork nicht selten - eigentlich immer - zu Massenschlägereien und Toten führt. Ein brutaler Kampf um eine Holzkugel, ohne jede Regel, dafür mit viel Schreierei und Herzblut. Doch es gibt keinen Ausweg, wollen die Zauberer nicht auf die Einkünfte eines ihrer Ex-Erzkanzler verzichten und damit auf einhundert der einhundertdrei täglichen Käsesorten. Mustrum Ridcully ist jedoch zur Überraschung seiner Kollegen Feuer und Flamme für die Idee. Seltsam ist nur, dass auch der derzeitige Patrizier und somit Alleinherrscher der Stadt, Havelock Vetinari, sich die Idee zu eigen macht - allerdings mit einigen entscheidenden Regeländerungen.

Nicht ahnend, dass er wenig später Trainer der neu gegründeten Fußballmannschaft der Unsichtbaren Universität - den Unsichtbaren Akademikern - sein wird, versieht Herr Nutt mit absoluter Perfektion seine Tätigkeit als Kerzentropfergehilfe in den tiefsten Gewölben der Universität. Er ist auf Geheiß von Lady Margolotta Amaya Katerina Assumpta Crassina von Überwald nach Ankh-Morpork gekommen. Eingeweiht in sein tragisches Schicksal sind darüber hinaus nur Lord Vetinari und Erzkanzler Ridcully. Und auch sie ahnen nicht, wie zentral die Rolle von Herrn Nutt beim ersten richtigen Fußballspiel, das auf der Scheibenwelt je ausgetragen wurde, sein wird.

Sir Terence David John Pratchett, nach eigener Aussage seit 2008 an einer seltenen Form von Alzheimer leidend, hat noch einmal zurückgefunden in die von ihm geschaffene und so wundervoll ausgeschmückte Scheibenwelt. Nach "Die Insel", einem mehr oder weniger erfolgreichen Ausflug in die Welt der Literatur jenseits seiner berühmtesten Schöpfung, atmen die Fans weltweit auf. Terry vermag immer noch seine überbordende Fantasy, seine Eloquenz und seinen herrlich verschrobenen Humor zu fokussieren auf die Aufgabe, den zweiunddreißigsten Scheibenweltroman zu kreieren.

Obwohl, der ganz große Wurf ist "Die Unsichtbaren Gelehrten" nicht. Das mag an der Übersetzung durch Gerald Jung liegen, die den treuesten Pratchett-Fans allein deshalb nicht gefällt, weil es eben nicht Andreas Brandhorst - der ungekrönte König der Scheibenweltromane in deutscher Sprache - war, der verantwortlich zeichnet für diesen Roman. Oder doch die Krankheit? Oder das Sujet "Fußball", das Terry Pratchett hier in satirischer Art und Wiese aufs Korn nimmt? Oder Ermüdungserscheinungen allgemeiner Art, wie sie nach zweiundreißig Romanen über die Scheibenwelt zu erwarten sind? Oder Rincewind, der zweifellos an allem schuld ist? Oder vielleicht Boris Aljinovic, der den Roman in der Hörbuchausgabe vorträgt? Oder vielleicht die Kürzungen, die für die akustische Variante nötig wurden?

Vielleicht sind aber die Fans auch nach der langen Wartezeit so voller Erwartung auf einen weiteren genialen Streich des Briten, dass sie enttäuscht werden mussten? Denn schlecht sind weder das Hörbuch noch der Sprecher und schon gar nicht die Verballhornung der auf den Britischen Inseln sakrosankten Sportart Fußball.
Ganz im Gegenteil, der Humor Pratchetts zündet immer wieder, seine Ideen glänzen in einem einmaligen (Scheiben-)Kosmos und seine Handlungsträger sind so liebenswert, dass man sie alle herzen möchte - einschließlich der göttlichen Glenda, des herrlich unkomplizierten Trevor, der wundervoll naiven Juliet und des wahrhaft brillanten Herrn Nutt.

Da verschmerzt man den einen oder anderen Fauxpas des Übersetzers und den gelegentlich etwas hölzernen Stil gerne. Denn Boris Aljinovic vermag es absolut glänzend diesen vielleicht - aber nur vielleicht - eher mittelmäßigen Scheibenweltroman zu einer wundervollen Erzählung reifen zu lassen. Seine reporterartigen Beschreibungen des Fußballspiels sind urkomisch, seine Intonation der verschiedenen Figuren treffsicher und nahezu perfekt.

So bleibt als Fazit nur die Aufforderung, sich diesen Roman durchzulesen oder das Hörbuch zu genießen und sich selbst ein Urteil über den zweiunddreißigsten Scheibenweltroman zu machen - und die Hoffnung wach zu halten, dass es einen weiteren Band über diese verrückte, einmalige, herrlich andere Welt geben mag.

Zur Hörprobe bei Random House Audio: Der Club der unsichtbaren Gelehrten