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 Fleisch ... und andere Appetitverderber

Verstörende Geschichten aus der Welt der Schmerzen und des Wahnsinns


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Körperausscheidungen, Körperflüssigkeiten und die damit verbundenen Körperfunktionen sind in der Literatur eher selten beschrieben, und wenn, dann doch meistens nur am Rande und in aller Kürze. In der Horror-Anthologie "Fleisch … und andere Appetitverderber" dürfen zehn Autoren aus den Vollen schöpfen und 16 Geschichten voller Ekel, Wahnsinn und Schmerz präsentieren. Auf 198 Seiten breitet sich dem Leser ein ganzes Universum an Horror und Grauen in unterschiedlichster Ausprägung aus. Recht unterschiedlich ist auch die literarische Qualität der einzelnen Beiträge.

Die Geschichte "Fleisch", die der Sammlung den Namen gibt, ist ein vulgäres, vollkommen überdrehtes Stück über Kannibalismus und Nekrophilie, eine so skurrile und beiläufige Schilderung einer sexuellen Fantasie, dass sie in ihrer Abartigkeit fast zum Lachen reizt. Dennoch überschreitet die Geschichte die Grenzen guten Geschmacks gleich in mehrerer Hinsicht. Andere Geschichten, etwa "Adelsantlitz" oder "Der Messie", sind inhaltlich und sprachlich eleganter, erzeugen zunächst vages Unbehagen, dann Hochspannung und schließlich nacktes Grauen.

Gerade die Eröffnungsgeschichte "Der Messie" ist eine ausgesprochen gut geschriebene Erzählung über Ängste und Abgründe menschlicher Existenz, die nichts anderes zulässt als ein atemloses Mitfiebern. "Adelsantlitz" hingegen spinnt den Leser zunächst ein in eine trügerische Atmosphäre, die ein wenig einem Märchen ähnelt - bis sich die Zeichen häufen, dass hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist. "Kompass" erscheint fast als grauenhafte Hommage an Gustav Meyrinks Erzählung "Das Präparat", in der ein Mensch zu einer lebenden Uhr umfunktioniert wird.

Die Protagonisten dieser Sammlung lassen nichts aus, sie foltern und morden, verstümmeln sich selbst oder lassen sich freiwillig von anderen verstümmeln, sie tauchen in Klärbecken, sie benutzen menschliche Körperteile zur sexuellen Befriedigung und ergehen sich in Schilderungen von Gestank und Abfall. Wie bereits oben beschrieben nehmen alle Arten von menschlichen Ausscheidungen eine entscheidende Rolle ein. Eiter und Blut, Samen und Tränenflüssigkeit, Kot und Erbrochenes - nichts fehlt, teilweise werden Sinneseindrücke, die damit zusammenhängen, gleich seitenweise ausgeführt. Der Leser fühlt sich auf unbestimmte Weise ertappt, wenn er am Ende einer Geschichte angeekelt das Gesicht verzieht und trotzdem umblättert, zur nächsten Seite - geht es noch ekliger, noch perverser? Es geht.

Dennoch ist diese Sammlung kein Trash, sie enthält sogar einige richtige Kurzgeschichten-Highlights und dürfte für jeden Horrorfreund etwas bereithalten - sofern er nicht allzu empfindlich ist und sich nicht grundsätzlich über abgründige Themen empört. Das Lesen macht auf morbide Weise Spaß, weil die Autoren ständig Tabus ausreizen und ungewöhnliche - wenn auch abstoßende - Perspektiven bieten. Dennoch habe ich das Buch zwischendurch mehrmals aus der Hand gelegt, weil es einfach zu viel wurde.

Die Anthologie aus dem Eldur Verlag ist aufgrund der vielen expliziten Schilderungen von Gewalt und den teilweise sehr detaillierten sexuellen Szenen, die stellenweise ins Pornografische abrutschen, definitiv nur für erwachsene Leser zu empfehlen. Die Aufmachung der Sammlung ist nicht besonders herausragend; das Coverbild ist von eher schlechter Qualität, der gesamten Veröffentlichung haftet etwas Laienhaftes an. Dieser Eindruck wird durch Rechtschreibfehler, die offenbar beim Lektorieren unentdeckt blieben, verstärkt. Durch den günstigen Preis kann man allerdings sagen: Auf den Inhalt und den damit verbundenen Gänsehautfaktor kommt es an.

Christina Liebeck



Taschenbuch | Erschienen: 01. Mai 2005 | FSK: 18 | ISBN: 3937419071 | Preis: 7,95 Euro | 198 Seiten

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