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Ist Ihnen Arkham zu eng geworden? Zu überfüllt, zu stickig, zu viele ungebetene Touristen (Shogghoten, Mi-Go und Tentakelwesen)? Wie wäre es mit einer frischen, äh ... fischigen Meeresbrise? Einfach mal ausspannen in einem süßen Fischerdorf in der Nähe, wo die Leute urig sind (schuppiges Aussehen) und die lokalen Traditionen herrlich abseitig (Stichwort Dagonritus)?
"Schatten über Innsmouth" bietet den ozeanischen Schrecken frei Haus. Die nunmehr dritte große Erweiterungsbox zum Fantasy-Flight-Bestseller "Arkham Horror", der hierzulange vom Heidelberger Spieleverlag kongenial übersetzt und herausgebracht wird, lädt zum fröhlichen Plantschen am Teufelsriff ein. Wieder einmal darf man an die Arkham-Karte einen etwas kleineren Plan des Fischerdorfs Innsmouth anlegen, das Lovecraft einst in seiner berühmten Geschichte "Schatten über Innsmouth" verewigte. In Innsmouth geht es erwartungsgemäß finster zu, denn das ganze Dorf dient hier dem Dagonkult und erwartet die Ankunft der Tiefen Wesen. Eine Leiste beim Teufelsriff wird nach und nach mit entsprechenden Markern gefüllt - ist sie voll, erwacht der Große Alte, gegen den die Spieler antreten. Allerdings können die Spieler Hinweise für eine mögliche FBI-Razzia ausgeben, um eben dieses zu vermeiden. Das Ganze läuft leider wieder sehr mechanisch ab und kopiert Spielinhalte der anderen Boxen - es erschwert das Spiel, ohne ihm wirklich einen neuen Aspekt hinzuzufügen.
In Innsmouth selbst sind die Spieler ab einem gewissen Zeitpunkt vogelfrei und müssen sich schleichend durch die Straßen fortbewegen. Wer sich erwischen lässt, landet im Gefängnis und muss den riskanten Ausbruchversuch wagen. Hinzu kommt die Gefahr, selbst Dagons Erbe in sich zu tragen: Bei vielen Begegnungen muss man Innsmouth-Karten ziehen, um zu prüfen, ob man selbst aus dem Küstenweiler stammt. Leider sind die Auswirkungen der Karten nicht ganz so einfallsreich, wie man es vermutet: Bei einer der Karten verwandelt man sich in ein Tiefes Wesen (und scheidet aus bzw. muss mit einem neuen Ermittler ins Spiel starten). Bei den anderen passiert nichts. Da hätte es ein Würfelwurf auch getan ...
Davon abgesehen sind die Begegnungen in Innsmouth wieder einmal herrlich trashig und atmosphärisch, und auch bei dem restlichen Material hat sich Fantasy Flight Games einiges ausgedacht. Richtig Laune machen die neuen Ermittler, darunter der Seebär Silas Marsh, der rasch zwischen Wasserstandorten hin- und herreisen kann, oder der Astronom Norman Withers, der über die Sterne steuern kann, welche Monster mit einem geschlossenen Tor vom Spielbrett verschwinden. Auf der gegnerischen Seite imponieren unter anderem der Große Alte Nyxoghta, der mit seinen Fangarmen auf Ermittlerfang geht, oder Cthugha mit seiner drückenden Hitze, der die Bewegung der Ermittler kräftig einschränkt. Etwas eigenartig ist hingegen der Mechanismus von Bokrug, auf dessen Kampfbogen einige Monstermarker (Wesen von Ib) gelegt werden, die aber nicht direkt bekämpft werden können. Das hätte man anders lösen können.
Auf Innsmouth-typische Gegenstände und Zauber muss man diesmal leider verzichten. Stattdessen enthält "Innsmouth Horror" einen sehr interessanten Kartensatz, der jedem (!) Ermittler - aus allen Boxen - eine Art Zusatzmission ermöglicht. So kann etwa die Schriftstellerin Gloria Goldberg an einer monströsen Geschichte arbeiten. Sammelt sie fünf Hinweismarker, ist die Geschichte erfolgreich, und Gloria erhält für den Rest des Spiels einen Kampfbonus von +1. Verfällt sie aber vor dem Abschluss der Geschichte in den Wahnsinn, wird sie für den Rest des Spiels einen Malus auf Willensproben hinnehmen müssen. Das bringt Farbe ins Spiel - eine persönliche Agenda für jeden Spieler mit kleinen, aber wirkungsvollen Änderungen.
"Schatten über Innsmouth" wurde im Vorfeld als beste Erweiterungsbox des Hauptspiels gelobt. So ganz kann der Rezensent diese Einschätzung nicht teilen; die Box enthält gute Ideen, die aber nicht immer ganz ausgereift sind, und abgesehen von den persönlichen Missionen fehlt es an wirklich neuen Spielelementen. Vielleicht gehen den "Arkham-Horror"-Machern allmählich doch die Ideen aus. Trotzdem ist auch diese Box durch ihr eigenes (fischiges) Flair eine klare Empfehlung wert und überzeugt vor allem durch die coolen Ermittler und liebevoll ersonnenen Begegnungskarten. Die Übersetzung ist übrigens wieder einmal sehr gelungen ... die Arkham-Fans in Heidelberg haben gute Arbeit geleistet. Die Reise nach Innsmouth lohnt sich!