"Engel aus Eis", der neueste auf Deutsch erschienene Krimi der erfolgreichen Autorin Camilla Läckberg, dreht sich um den rätselhaften Fund, den Erika Falck am Ende des letztens Romans "Die Totgesagten" machte: Auf dem Dachboden entdeckte sie in den Sachen ihrer verstorbenen Mutter nicht nur einen merkwürdigen Orden, offenbar aus der Zeit des Zweiten Weltkriegs, sondern auch ein blutverschmiertes kleines Kinderhemdchen. Was hat es damit nur auf sich?
Während Erika versucht, Licht in die geheimnisvolle Vergangenheit ihrer Mutter zu bringen, wird in Fjällbacka eine Leiche entdeckt. Der Mann wurde mit einem schweren Gegenstand erschlagen; die Spurensicherung gestaltet sich jedoch als sehr schwierig, da die Leiche mehrere Wochen lang unentdeckt blieb und teilweise bereits verwest ist.
Ein offensichtliches Mordmotiv gibt es aber scheinbar doch: Der Tote war Geschichtslehrer, der sich viel mit den NS-Verbrechen im Zweiten Weltkrieg beschäftigte, damals wie heute Widerstand gegen die Nazis leistete und dabei viel Staub aufwirbelte. Unter Verdacht gerät deshalb schnell ein Mann, der ein einflussreicher Teil einer Neonazi-Organisation mit dem Namen "Freunde Schwedens" ist. Doch der Fall ist nicht so einfach, wie es scheint. Plötzlich gibt es weitere Tote, und Erika Falck beginnt zu ahnen, dass die geheimnisvollen Funde auf dem Dachboden und die Morde irgendwie zusammenhängen …

Nachdem der letzte Roman "Die Totgesagten" zumindest stellenweise ein klein wenig schwächelte, weil er sich doch sehr in die Länge zog, ist "Engel aus Eis" wieder ein rundum gelungener Krimi der in Fjällbacka spielenden Reihe. Klar: Auch diesmal widmet die Autorin wieder den kleinen Dingen des Alltags viel Aufmerksamkeit, es werden unzählige Zimtschnecken (das schwedische Nationalgebäck) vertilgt und viele für die Handlung nicht so wichtige Dinge eingebracht, aber das rundet das Buch diesmal eher ab als es in die Länge zu ziehen.

Der deutsche Titel ist leider recht unpassend, der schwedische ("Tyskungen") gibt aber schon sehr viel preis, so dass "Engel aus Eis" vielleicht nicht die schlechteste Wahl ist, auch wenn dieser Titel keinen Bezug zur Handlung hat.
In vielen Rückblenden, die sich aber durchweg interessant gestalten, enthüllt Erika Falck Schritt für Schritt die Vergangenheit ihrer Mutter – und damit böse Geheimnisse und Dinge, die lieber hätten verborgen bleiben sollen. Natürlich steht aber nicht nur Erika im Mittelpunkt, sondern auch ihr Mann Patrik, der zurzeit Erziehungsurlaub nimmt und auf die kleine Tochter Maja aufpassen soll. Als der erste Mord geschieht, würde Patrik am liebsten voll in die Ermittlungen einsteigen – doch Erika ist nicht davon begeistert, schließlich ist er nun dran mit dem Haushalt und dem Kinderhüten. Auch die anderen bekannten Charaktere haben diesmal starke Auftritte, allen voran überraschenderweise der griesgrämige und ziemlich unfähige Polizeichef Mellberg, der sich in diesem Teil der Serie verliebt und eine überraschende Wandlung durchmacht, die sich sehr amüsant und spannend liest. Auch Gösta, der sich ja mehr mit seinen Pferdewetten als mit dem Polizeidienst beschäftigt und sich Fehler um Fehler leistet, offenbart in diesem Roman einiges von seinem Innenleben. Und sogar Kristina, die schwierige und überkritische Schwiegermutter von Erika, sieht man nach diesem Buch mit anderen Augen.

So vergehen die 509 Seiten dieses Krimis trotz des teils sehr bedrückenden Themas wirklich wie im Fluge, weil die handelnden Charaktere diesmal perfekt zusammenarbeiten, sich ergänzen und neue Aspekte preisgeben. Das große Ganze hinter dem eigentlichen Kriminalfall kommt dadurch ein gutes Stück voran: Menschen ändern sich und erfahren Geheimnisse aus ihrer eigenen Vergangenheit. Die Auflösung der Mordfälle am Ende ist plausibel und spannend geraten. Man kann es daher kaum erwarten, den nächsten Teil der Fjällbacka-Krimis in Händen zu halten. Mit der deutschen Veröffentlichung des unter dem schwedischen Titel erschienenen Romans "Sjöjungfrun" wird es aber wohl leider noch dauern. Dabei hat Camilla Läckberg bereits den nächsten Band veröffentlicht: "Fyrvaktaren" erschien 2009 im Schwedischen.

Eine Leseprobe gibt es in dem Portal vorablesen.de: "Engel aus Eis"