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Durch Zufall und eine Verkettung seltsamer Umstände wird die junge Samantha Everett plötzlich zur Assistentin des mysteriösen Neurowissenschaftlers Dr. David Styles. Der hatte zwar tatsächlich an der Universität von Oxford eine Assistentin für seine Experimente angefordert, doch dass Sam nicht die ist, für die sie sich ausgibt, ahnt er nicht.
So findet Sam sich plötzlich in einem riesigen, etwas unheimlichen Herrenhaus wieder, dem Dread Hill House. Über dem Anwesen schwebt überall der Schatten der verstorbenen Ehefrau von Dr. Styles, die bei einem grauenhaften Unfall ums Leben kam. Seitdem ist Dr. Styles nicht mehr der Alte, zumal er seit dem schrecklichen Ereignis immer eine Maske trägt, um einen Teil seines verbrannten Gesichts zu verbergen. Für Sam wird alles immer mysteriöser und zugleich gefährlicher: Während der mürrische Dr. Styles sich auf die Spuren seiner toten Frau begibt, geschehen in Oxford unheimliche Dinge, die mit den Experimenten des Doktors zusammenzuhängen scheinen. Oder ist alles doch ganz anders, als es auf den ersten Blick aussieht?
Willkommen in Dread Hill House! Mit Hochspannung war fast das ganze Jahr 2010 hindurch Gray Matter, das neueste Point-and-Click-Adventure von Jane Jensen, von der Spielergemeinde erwartet worden. Die Veröffentlichung ließ lange auf sich warten, nun ist es endlich soweit. Und was dtp Entertainment hier auf den Markt geworfen hat, ist tatsächlich spannend, fantastisch, mysteriös und äußerst gut durchdacht. Im Vordergrund steht die tragische und undurchsichtige Geschichte von Dr. David Styles, der seine Frau bei einem Autounfall verlor. Seitdem ist sein Gesicht entstellt und er wirkt ein wenig wie der unglückliche Geist aus dem Phantom der Oper.
Das Spiel beginnt man zunächst in der Rolle von Sam. Die junge Frau hat sich durch Täuschung und ausweichende Antworten als Assistentin in das Anwesen Dread Hill House eingeschlichen. Gegen ihren Willen wird sie dann immer weiter in die Story hineingezogen. In der Rolle von Sam erkundet man zunächst das Haus und sammelt erste Hinweise darauf, dass hier etwas ganz und gar nicht in Ordnung ist. Dann erhält man den ersten Auftrag von seinem neuen Chef Dr. Styles: Man soll in die Stadt fahren und für ein Experiment eine Reihe williger Studenten rekrutieren. Das ist aber gar nicht so einfach, denn der Name Styles ist in Oxford bekannt und gefürchtet – niemand will sich für das Experiment eines Irren zur Verfügung stellen. Sam muss all ihr Können aufwenden, um doch noch einige "Opferlämmer" für die Versuchsreihe zu gewinnen.
Magie und Taschenspielertricks Die Handlung hat dabei einen sehr interessanten Aspekt, den die Entwickler gelungen in das Spiel eingebunden haben: Samantha ist eine junge Bühnenzauberin, die in Oxford ihren Traum verwirklichen möchte – die Aufnahme in den mysteriösen Daedalus Club. Nur wer eine außergewöhnliche Täuschung inszeniert und eine Reihe von Rätseln löst, kann in die illustre Runde aufgenommen werden. Deshalb hat man in diesem Adventure nicht nur die Möglichkeit, Rätsel zu lösen, Gegenstände zu sammeln und zu kombinieren oder Personen zu befragen, man kann auch eine Reihe von Zaubertricks ausführen.
Sam besitzt ein Zauberbuch, aus dem man dann den passenden Trick auswählen und durchführen kann. Vorher müssen meist noch die benötigten Requisiten eingesammelt oder im örtlichen Zauberladen gekauft werden. Dann kann die Vorstellung beginnen – in der Rolle von Sam kann man durch geschickte Tricks Personen überreden, bestimmte Dinge zu tun, sie ablenken oder Gegenstände in seinen Besitz bringen, ohne dass das Gegenüber es merkt. Dabei verstrickt man sich allerdings auch immer weiter in ein Lügengebilde, denn Sam erzählt weder den Probanden noch Dr. Styles die volle Wahrheit. So wird man beim Spielen selbst immer unsicherer: Wer ist Sam wirklich, was hat es mit dem Daedalus Club auf sich – und ist die gesamte Handlung vielleicht nur eine gigantische magische Inszenierung?
Abwechselnd mit Sam spielt man auch immer wieder den mysteriösen Dr. Styles. Bald merkt man, dass David nicht so feindselig und mürrisch ist, wie er tut, er ist allerdings seit dem Tod seiner geliebten Frau Laura ein gebrochener Mann. Als David muss man unter anderem im Privatlabor versuchen, eine Verbindung zu Lauras Geist aufzunehmen. Immer mehr zweifelt man beim Spielen aber daran, dass es wirklich Laura ist, die hier ihre Finger im Spiel hat. Wird Dr. Styles von jemandem für seine Zwecke missbraucht, ist das alles nur ein grausames Spiel?
Nervig: Nur mit 100% Fortschritt schreitet die Handlung voranGray Matter spielt sich insgesamt sehr gut und flüssig. Man hat ein klassisches Inventar zu Verfügung und bewegt sich ausschließlich per Maus durch das Spiel. Praktisch ist, dass man jederzeit eine Karte mit den bereits freigespielten Orten aufrufen und diese per Klick ansteuern kann, so entfallen lange Wege durch die Spielwelt.
Der Fortschritt in den einzelnen Kapiteln wird jeweils in Prozentwerten angezeigt (die man sich bei Bedarf anzeigen lassen kann); nur wenn man 100% erreicht und alle Aufgaben gelöst hat, wird das nächste Kapitel gestartet. Dadurch wird Gray Matter teilweise zur etwas stupiden Suche nach dem letzten Prozentpünktchen. Viele Ereignisse werden durch Trigger ausgelöst, die nicht unbedingt logisch sind. So taucht im ersten Kapitel die Haushälterin erst dann auf, wenn man sich als Sam wirklich alles ganz genau angeschaut hat – inklusive der Patientenfotos in Dr. Styles' Arbeitszimmer -, sonst hängt man fest und irrt endlos durch das Haus. Man muss in diesem Spiel wirklich jeden einzelnen Gegenstand betrachten - jedes Foto, jede Akte -, jeden Dialog mit allen Varianten durchspielen und alles ganz genau so machen, wie es vorgesehen ist, sonst geht es nicht weiter und man erfüllt die Fortschritts-Prozente nicht. Das ist ein Minuspunkt für das ansonsten sehr gute Spiel, weil es den Spieler einengt und man sich teilweise ungeduldig fragt, was man denn nun übersehen haben könnte. Vor allem die ersten Kapitel sind durch diese strengen Vorgaben im Spielverlauf zäh und manchmal etwas frustrierend. Hat man sich aber einmal eingespielt und sich mit Gray Matter angefreundet, wird man unweigerlich in den Bann der hervorragenden und tiefgründigen Story hineingezogen, die auch mit einer tollen Auflösung aufwartet.
Die Grafik ist wirklich schön und sehr atmosphärisch, die vielen Schauplätze mit Liebe zum Detail und mit Sinn für das Skurrile, Außergewöhnliche entworfen. Manche Szenen stechen besonders heraus, etwas der Alice-im-Wunderland-Laden in Oxford und vor allem das magische Labyrinth des Daedalus Clubs, das man am Ende durchschreiten muss. Gerade Letzteres gehört zu den absoluten Highlights des Spiels, optisch und auch inhaltlich, und lässt den Spieler genau wie Samantha regelrecht staunen. Und auch die Sprachausgabe kann sich absolut hören lassen: Alle Sprecher haben sehr angenehme, teils auch bekannte Stimmen und spielen ihre Rollen sehr natürlich. Ungeduldige Zocker können die meisten Dialoge (außer in den Videosequenzen) vorklicken und lediglich die Untertitel im Schnelldurchlauf mitlesen.
Tolles Story, tolles Setting, leichte Macken im SpielverlaufGray Matter ist zweifellos ein tolles Point-and-Click-Adventure, das die hohen Erwartungen weitestgehend erfüllt. 100 Punkte gehen auf jeden Fall an die liebevoll ausgedachte Handlung, die für Spannung und den einen oder anderen Aha-Effekt sorgt.
Die Rätsel, die man in Gray Matter lösen muss, sind mittelschwer, oft geht es darum, das genau Richtige zu tun, und das kann bisweilen ziemlich zäh und langatmig sein. Dafür ein kleiner Abzug in der Gesamtwertung – sicher hätte man das Spielen selbst noch leichtfüßiger und logischer gestalten können. Auch wer gerne viele Gegenstände einsammelt, kombiniert und einsetzt, könnte enttäuscht werden. Zwar wächst der Inhalt des Inventars stetig an, aber man muss nicht besonders viel miteinander verbinden oder gar irgendwelche ausgefeilten Konstruktionen bauen, um Probleme zu lösen. Hier ist Gray Matter das ziemlich genaue Gegenteil zu Spielen wie etwa "
Lost Horizon" oder "
Geheimakte Tunguska", die temporeich ein Rätsel- und Interaktionsfeuerwerk abbrennen. Gray Matter spielt sich bedächtiger und langsamer, punktet aber durch die Handlung und die geniale Stimmung. Kein Spiel für Ungeduldige, aber ein gelungenes Erlebnis, das in seiner Gesamtheit beeindruckt.
Zur Website zum Game: www.graymatter-game.de
Hier gibt es neben einem Trailer und diversen anderen Goodies auch eine spielbare Demo zum Download!