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Wer sich für klassischen Fantasystoff, für mittelalterliche Settings, Drachen und Prophezeiungen begeistert, der kann getrost einen Blick in die neue Comicreihe "Finsternis" aus dem Splitter Verlag werfen. Der erste Teil der auf vier Bände ausgelegten Serie trägt den Titel "Ioen" und entführt den Betrachter in ein Königreich, über das sich Finsternis und Verderben gelegt haben. Einst blühte das Reich, doch dann wurde es von riesenhaften, entsetzlichen Kreaturen angegriffen und weitgehend vernichtet. Nun ist die Landschaft karg und von Lavaströmen und Asche beherrscht. Immer wieder versuchen ganze Legionen von Soldaten auf Befehl von König Kirgräd, sich den feuerspeienden Kreaturen entgegen zu stellen, aber dies endet stets in Tod und Vernichtung. Doch vielleicht gibt es noch Hoffnung: Eine Prophezeiung besagt, dass alle einhundert Jahre ein Auserwählter in einer Rüstung aus Eis kommen und das Böse besiegen wird.
Währenddessen wächst auf dem Land, weit weg von der düsteren Burg des Königs, ein kleiner Junge namens Ioen heran, der sich durch seine unglaublichen Begabungen unter den anderen Kindern hervortut – etwa durch sein Talent, eine Zielscheibe in vierhundert Schritt Entfernung mit dem Speer zu treffen. Zudem kann ihm Feuer anscheinend nichts anhaben. Ist er der Auserwählte, der sich den Drachen entgegen stellen wird?
"Ioen" (Autor:
Christophe Bec, Zeichner: Iko) erzählt den ersten Teil einer klassischen Fantasygeschichte, die zwar nicht herausragend originell ist, aber dennoch gut unterhält. Sehr gut gefallen die vielen Szenenwechsel, die den Leser nie verwirren, sondern für Dynamik sorgen und die Geschichte ganz schlüssig voranschreiten lassen. Abwechselnd sieht man den kleinen Ioen heranwachsen und wird Zeuge seiner merkwürdigen Talente, man erfährt von der Prophezeiung und erlebt mit, wie die Ritter des Königs in die Schlacht ziehen und den Tod finden – die mysteriösen, übermächtigen Kreaturen tauchen erst relativ spät auf, man ahnt aber bereits zu Anfang, dass es drachenartige Wesen sein müssen. Am Ende wird eine vollkommen neue Figur eingeführt und der Leser wird durch diesen Cliffhanger mit gespannter Erwartung auf den zweiten Band zurück gelassen.
Die Zeichnungen von Iko sind wahrscheinlich eher Geschmackssache. Die Gesichter sind teilweise ziemlich hässlich geraten, die Mimik sehr plakativ, die Charaktere recht klischeehaft - die Ritter sind grob und aggressiv, die Frauen ausgesprochen kurvig und leicht bekleidet, und in einer Landschaft aus Schnee und Eis gibt es tatsächlich einen exotischen schwarzen Kämpfer, der mit einer Rüstung bekleidet ist, die wie ein Tanga aussieht. Warum er nicht friert, bleibt sein Geheimnis. Man kommt sich ein wenig wie in einem 80er-Jahre-Fantasyfilm vor und erwartet fast, dass gleich Conan der Babar ans Burgtor klopft.
Auch der kleine Ioen mit dem wallenden blonden Haar ist in seiner Rolle als Erlöser eher eine altkluge Nervensäge als ein Sympathieträger der Geschichte. Andere Szenen sind zweifellos großartig gezeichnet und wesentlich detaillierter, etwa die feuerspeienden Wesen, die sehr fremdartig, fast ein wenig wie Aliens wirken. Vollkommen überzeugen können auch die satten Farben – vor allem in den düsteren, von Asche und Stein beherrschten Szenen stechen die glühenden Lavaströme umso deutlicher hervor. Für echte Endzeitstimmung ist gesorgt. Kontraste zur allgemein herrschenden Finsternis gibt es immer wieder in Form von harmlos-ländlichen Szenen und Bauerndörfern, in denen der kleine Ioen in Erscheinung tritt.
Der erste Band von "Finsternis" ist ein guter Auftakt. Zwar ist die Geschichte zu diesem Zeitpunkt weder herausragend noch originell, aber sie weiß zu unterhalten und am Ende hat man das Gefühl, dass man den zweiten Teil nicht verpassen sollte. Obwohl die Panels zeichnerisch nicht immer völlig überzeugen, ist die Handlung spannend und dynamisch zu Papier gebracht, die Schlachtszenen sind dramatisch und mitreißend. Ein Erscheinungsdatum für den zweiten Band steht, wie der Titel, noch nicht fest.