Ronja ist ein Gewitterkind. Geboren wurde sie in jener Nacht, in der ein gewaltiger Blitz die Mattisburg in zwei Hälften spaltete. Mattis, Lovis und ihre Räuberbande hatten sich die Burg als Schlupfwinkel auserkoren und bewohnen das uralte Gemäuer erst seit kurzer Zeit.
Endlich darf Ronja hinaus. Schon Jahre wollte sie in den großen und dunklen Mattiswald, aber Mattis, der Räuberhauptmann, hatte es ihr nicht erlaubt. Zu viele Gefahren lauern dort seiner Tochter auf, findet Mattis. Wilddruden, Graugnomen, Rumpelwichte, Dunkeltrolle und Borkaräuber gibt es dort.
So streift sie durch den riesigen Wald und lernt ihn genau kennen, seine Schönheit und seine Gefahren. Eines Tages, als sie versonnen auf die andere Hälfte der Burg schaut, sieht sie einen Jungen, gerade so groß wie sie, auf der anderen Seite auf einem Stein sitzen. Es ist Birk Borkasohn. Ausgerechnet der Sohn des ärgsten Feindes ihres Vaters. Die beiden beschimpfen sich ein bisschen, aber das Schlimmste sagt ihr Birk am Ende des kurzen Gesprächs: Die Borkaräuber sind in die Nordburg gezogen. Ausgerechnet in die andere Hälfte der durch den Höllenschlund bis in die Tiefe geteilten Mattisburg.
Und ehe sie sich versieht, nimmt der Junge Anlauf und springt über den Abgrund. Ihr stockt der Atem, doch als Birk über sie lacht, nimmt sie selbst Anlauf und mit klopfendem Herzen und großer Angst, aber zu allem entschlossen, springt sie selbst über den Höllenschlund.
Die beiden streifen von da an oft gemeinsam durch den Wald und Birk rettet ihr sogar das Leben. Doch tragischerweise wird eines Tages Mattis seiner habhaft und verlangt von den Borkaräubern, die Burg zu verlassen. Ronja weiß, was sie zu tun hat, auch wenn es ihr Leben völlig verändern wird.

Im Jahre 1981 erschien Ronja Räubertochter. Das in der mir vorliegenden Auflage 237 Seiten lange Buch ist eines der besten und schönsten aus der Feder von Astrid Lindgren. Es ist sehr spannend geschrieben und hat keine "Heile Welt" zum Thema, sondern das harte und traurige Leben einer Räuberbande. Zudem geschehen sehr viele traurige und tragische Dinge im Leben von Ronja. Sie und Birk werden von ihren Mitmenschen so stark bedrängt, dass die Geschichte einen üblen Verlauf zu nehmen scheint.
Nur die innere Kraft von Ronja, ihre Treue und Durchsetzungsfähigkeit, vor allem aber ihre Ehrlichkeit, retten die Geschichte und machen aus einer Tragödie ein Abenteuer.
Durch einige Fabelwesen wird aus der Geschichte ein fantastischer Roman. Sie ist voll innerer Dramatik und Spannung und für Kinder unter zehn Jahren nicht zu empfehlen. Auch die Länge und Schwierigkeit der Geschichte und die Thematik lassen es eher für ältere Kinder ideal erscheinen.
Doch auch Erwachsene haben an der Geschichte ihre helle Freude und sollten einen Blick darauf werfen.
Immer wieder finden sich wunderschöne Tuschezeichnungen im Verlauf der Geschichte. Alle wichtigen Charaktere und Geschehnisse werden mit teils großformatigen und sehr realistischen Zeichnungen atmosphärisch sehr dicht thematisiert. Sie passen glänzend zur Geschichte und sind ein echter Gewinn.
Unbedingt sollte beim Kauf darauf geachtet werden, das die Illustrationen von Ilon Wikland mit von der Partie sind. Besonders das Bild im DIN A4-Format am Schluss des Buches, auf dem Wald, Fluss, Landschaft und Mattisburg zu sehen sind, hat eine sehr hohe Qualität und beeindruckt in seiner düsteren und fast mystischen Wirkung jeden Betrachter. Nur das Umschlagbild passt seltsamerweise nicht zu den anderen Bildern und auch nicht zur Geschichte. Die farbige Umschlagillustration wirkt zu weich, zu süß und niedlich.

Dieses Buch ist für alle Leser ab elf Jahren zu empfehlen, die Fantasie und Menschlichkeit im Gewand eines Abenteuerromans zu schätzen wissen.
Das dieser "Höhepunkt der Kinderliteratur", so der Hessische Rundfunk, von einer zu diesem Zeitpunkt bereits 74 Jahre alten Frau stammt ist ein wunderbarer Fakt, zeigt er doch, dass man in keinem Alter diesen Geschichten entwachsen zu sein scheint - zumindest, wenn man Astrid Lindgren heißt.