Gesamt |
|
Aufmachung | |
Brutalität | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
Mit ihren "Spiderwick Chronicles" haben die Autorin Holly Black und der Illustrator Tony DiTerlizzi eine fantastische Kinderbuchreihe geschaffen, die hauptsächlich von der wunderbaren Komposition aus Geschichte und Zeichnungen lebt. Im Frühjahr 2005 ist nun der vierte und bereits vorletzte Band der "Spiderwick Geheimnisse" auf Deutsch erschienen, der den Titel "Der eiserne Baum" trägt.
Mallorys großer Tag steht bevor: Zum ersten Mal, seit die drei Grace-Geschwister, die Zwillinge Jared und Simon sowie ihre große Schwester, gemeinsam mit ihrer Mutter in das alte Haus ihrer Großtante Lucinda gezogen sind, nimmt das Mädchen mit ihrer neuen Fechtmannschaft an einem Turnier teil, das in der Sporthalle der Schule ausgetragen wird. Doch gerade als Mallory gegen einen anderen Teilnehmer ficht, sieht Jared vom Zuschauerrang aus plötzlich ein fremdes Mädchen in der Sporttasche seiner Schwester wühlen. Um sie zur Rede zu stellen, verlässt Jared die Zuschauerplätze, wird jedoch von Mallorys Trainer aufgehalten. Als Jared endlich wieder freien Blick auf die Tasche seiner Schwester hat, ist das Mädchen verschwunden - doch dafür taucht auf einmal eine Gestalt auf, die genauso aussieht wie Jared! Und diese Person ist eindeutig nicht sein Zwillingsbruder Simon. Jared folgt der Gestalt, und als er an den spitzen Ohren erkennt, dass er es mit einem Elfenwesen zu tun hat, bedroht er die Kreatur mit einem Messer. Als jedoch die stellvertretende Rektorin der Schule den Gang betritt, verwandelt sich der Nicht-Jared in einen hilflosen Jungen und flüchtet dann. Über den unerlaubten Besitz des Messers sowie die Tatsache, dass er damit einen kleinen Jungen bedroht hat, mehr als nur erzürnt, erteilt die Rektorin Jared ein zehntägiges Schulverbot mit Antrag auf einen Schulverweis. Nachdem die Zwillinge ihre zutiefst bestürzte Mutter bei einem Telefonat mit ihrem geschiedenen Mann belauscht haben, machen sie sich auf die Suche nach Mallory, um ihr Bescheid zu geben, dass sie wieder nach Hause fahren würden - doch Mallory scheint verschwunden! Als sie dann Mallorys gewonnene Fechtmedaille sowie einige große Steine finden, wissen Jared und Simon nicht nur, dass Mallory entführt wurde, sondern - weil in einen der Steine das Wort HANDEL eingeritzt war - auch, was die Entführer, in denen sie aufgrund der Steine Zwerge vermuten, von ihnen erpressen wollen: "Arthur Spiderwicks Handbuch für die fantastische Welt um dich herum". Mit einem Mathematikbuch, das in etwa die gleiche Größe wie das Handbuch hat, begeben sich die Zwillinge in den alten Steinbruch, da sie sich daran erinnern können, auf der Karte des Spiderwick-Geländes dort einen Hinweis auf einen Eingang zum Zwergenreich gesehen zu haben. Zwar können sie das Rätsel lösen, das den Eingang in das Reich sichert, doch dort werden sie sogleich gefangen genommen. Können Simon und Jared es schaffen, sich aus den Händen der Zwerge zu befreien und gleichzeitig ihre Schwester zu retten?
Auch der vierte und vorletzte Band der Kinderbuchreihe "Die Spiderwick Geheimnisse" zeichnet sich durch eine hervorragend abgestimmte Mischung aus einer liebevoll erzählten Geschichte sowie atmosphärischen Zeichnungen aus. Nachdem der Leser jedoch nach der Lektüre von "Im Bann der Elfen", des dritten Buches der "Spiderwick Geheimnisse", mit einem aufgrund der abwechslungsreichen Erlebnisse abgerundeteren, reichhaltigeren Eindruck zurückgeblieben ist als nach den beiden ersten Bänden der Reihe, scheint die Autorin im vorliegenden Buch wieder einen Gang zurück zu schalten. So hat der Leser bei dieser Geschichte erneut das Gefühl, sich gar nicht richtig in der Welt der Grace-Geschwister aufhalten zu können, sondern sie, kaum dass er sie betreten hat, bereits wieder verlassen zu müssen. Auch das Prinzip, dass eines der Grace-Kinder von Elfenwesen entführt und festgehalten wird, um "Arthur Spiderwicks Handbuch der fantastischen Welt um dich herum" von den beiden anderen Geschwistern zu erpressen, ist nicht neu, sondern wiederholt die Abenteuer, die Jared, Simon und Mallory im zweiten Band der Reihe, "Gefährliche Suche", erlebt haben. Dabei kombiniert Holly Black lediglich neue Einfälle, die sich in der Beschreibung der Höhlenwelt der Zwerge äußern, mit einem altbekannten Motiv, nämlich dem des Schneewittchen-Märchens.
Zudem scheint das eigentliche Ziel des vorliegenden Bandes das offene Ende zu sein. Schon einige Male wurde Mulgarath, das Wesen, das hinter all dem Spuk stecken soll und das plant, die Herrschaft an sich zu reißen, von anderen elfenhaften Kreaturen erwähnt, doch bisher blieb das Geschöpf nicht nur den Kindern, sondern auch dem Leser verborgen, wie ein Marionettenspieler, der seine Figuren aus dem Schatten heraus lenkt. Auf den letzten Seiten von "Der eiserne Baum" taucht Mulgarath nun zum ersten Mal auf und der Leser erfährt ein wenig über dessen Plan, bevor die Geschichte ins Nichts verläuft. Durch diese Einleitung zum finalen fünften Band, der den Titel "Die Rache der Kobolde" trägt, wächst nicht nur die Spannung seitens des Lesers auf das letzte Abenteuer der Grace-Geschwister, sondern auch die Erwartung auf ein gelungenes Ende der "Spiderwick Geheimnisse". Auch die in acht Reimpaaren geschriebene Vorschau, die sich auch am Schluss dieses vierten Bandes findet, deutet auf eine Begegnung mit Mulgarath sowie auf das Treffen mit einer von den Kobolden gefangen gehaltenen Person hin. Wer diese Person sein könnte, ist zwar schnell klar, das trägt aber lediglich dazu bei, dass die spannende Erwartung auf diese beiden Begegnungen umso größer wird - denn noch gibt es viele offene Fragen zu beantworten und eine fantastische Geschichte zu einem runden Abschluss zu bringen.
Um die Glaubwürdigkeit ihrer Geschichte zu beweisen - denn wie Holly Black in einem Brief zu Beginn jedes Bandes beteuert, ist nichts davon erfunden - findet sich in jedem Buch ein auf Hochglanzpapier abgedruckter Bildbeweis. War es in "Eine unglaubliche Entdeckung" noch eine handschriftliche Notiz, die die Kinder in Arthur Spiderwicks Bibliothek gefunden haben, prästentierte die Autorin im zweiten Band einen Zeitungsausschnitt über das Verschwinden Theodore Spiderwicks, Arthurs ältestem Bruder. Nach einer von Jared Grace angefertigten Zeichnung seines Vaters, Thimbletacks und Hogsqueals in "Im Bann der Elfen" findet sich im vorliegenden Band nun ein Dokument, das Jareds Suspendierung sowie seinen drohenden Schulverweis bestätigt. Diese schön gestalteten Bildbeweise - die allesamt sowohl die Optik als auch den Inhalt betreffend sehr glaubhaft ins Deutsche übertragen wurden - stellen jedoch nur einen Bruchteil dessen dar, was auch der vierte Band der "Spiderwick Geheimnisse" seinem Leser an optischen Eindrücken präsentiert. Während leider auffällt, dass sich der - zugegeben überzeugende - gestalterische Inhalt der Bücher von Band zu Band nicht verändert und somit mit dem mittlerweile vierten Band erneut die gleichen Briefe, dieselbe Karte, ein identischer Aufbau der Inhaltsangabe, übereinstimmende Widmungen, identische Autorenbiografien sowie eine bereits bekannte Danksagung abgedruckt werden, können die Zeichnungen des Künstlers Tony DiTerlizzi wie bereits in den Vorgängerbüchern wieder überzeugen und begleiten und ergänzen Holly Blacks kindgerechte Erzählung hervorragend. Lediglich die Tatsache, dass einige Figuren mit Brillen manchmal keine Augen zu haben scheinen, sondern der Betrachter lediglich weiße Gläser sieht (es also nicht einmal eine Spiegelung in den Brillengläsern gibt), wirkt befremdlich. Dadurch sehen die Figuren geisterhaft und abweisend aus, was bei Charakteren wie Mrs Grace oder Mallorys Fechttrainer sicherlich nicht die beabsichtigte Aussage ist.
Fazit:
"Der eiserne Baum" ist eine kurzweilige Geschichte, die sich mit ihrer großen Schrift auch problemlos von jüngeren Kindern lesen lässt. Dennoch wirkt die Erzählung nach der Lektüre nicht vollständig, sondern hinterlässt ein etwas leeres Gefühl - doch zumindest der Schluss dieses vierten Bandes der "Spiderwick Geheimnisse" deutet darauf hin, dass das Buch vielmehr dazu dienen soll, zum letzten Band über die Abenteuer der Grace-Kinder hinzuleiten. Die Gestaltung des Buches ist mit denen der Vorgängerbände identisch; trotz der optischen Genüsse fehlt hier also langsam die Abwechslung.