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Wojciech Kopcinski ist ein polnischer Autor, der lange Zeit in Polen Theaterintendant war bis er in den 1980er Jahren nach Deutschland emigrierte. "Lusnok" ist sein drittes auf Deutsch erschienenes Buch.
Das schmale Büchlein umfasst 104 großzügig bedruckte Seiten. Es ist nicht in Kapitel oder Abschnitte eingeteilt. Der Text ist ein einziger, mehr oder weniger zusammenhängender Dialog zwischen einem alten, sich selbst im Sterben sehenden Mann und ihm selbst als Jugendlicher. Das Ganze findet nur in den Gedanken des alten Mannes Lusnok und alten Aufzeichnungen statt. Lusnok sucht nach einem Sinn, nach Wahrheit in seinem Leben und erinnert sich dafür intensiv zurück und durchblättert alte Tagebücher und Briefe. Eine dritte Hauptfigur tritt dabei in Form alter Liebesbriefe auf: Lusnoks unglückliche Jugendliebe, der er sein ganzes Leben hinterher getrauert hat.
Es entwickelt sich im Wechsel zwischen den Gedanken des alten Lusnok, den Tagebüchern und Briefen des jungen Lusnok sowie den Liebesbriefen seiner Jugendliebe Ennovi keine wirkliche Handlung. Es geht im Buch vielmehr um die Abbildung von Gefühlen, von Sehnsüchten und unerfüllten Wünschen. Der Leser erfährt nur das Nötigste, um die Situation zu verstehen. Konkrete Begebenheiten dienen hauptsächlich dazu, die Gefühlslage zu verdeutlichen, beispielsweise Enttäuschung, wenn Ennovi und Lusnok es nicht schaffen zueinander zu kommen. Die konkreten Lebensumstände der Figuren spielen dabei so gut wie keine Rolle.
"Lusnok" von Wojciech Kopcinski ist sicher kein uninteressantes Buch. Es will mit Sprache tiefe Emotionen transportieren: die eines alten Mannes, der sein ganzes Leben in Sehnsucht nach einer unerfüllten Liebe verbrachte. Dabei geht es keineswegs kitschig zu. Die fast pathologische Sehnsucht ist dem Protagonisten bewusst. Stellenweise analysiert er sich selbst sehr treffend und sieht die Sinnlosigkeit seines Nicht-Vergessen-Könnens. Gerade diese Tatsache jedoch führt ihn weiter in die Verzweiflung. Denn wenn Ennovi nicht der Sinn seines Lebens war, vermag er keinen anderen zu sehen. Es bleibt ihm also nur die Wahl, seinem Leben jegliche Bedeutung abzusprechen oder sich weiter seinen unerfüllten Wünschen in schmerzenden Gedanken zu erinnern.
Das Buch ist sprachlich durchaus gelungen und trotz der wenigen Handlung, die vermittelt wird, auf der sprachlichen Ebene wenig redundant. Dennoch wird hier auf 104 Seiten mit immer neuen Formulierungen, immer neuen Bildern dasselbe ausgedrückt: die Sehnsucht eines alten Mannes, die Wut eines alten Mannes, der Fatalismus eines alten Mannes... Zwischen diesen Gefühlen geht es hin und her, ohne dass der Leser noch viel Neues erfährt, wenn er erst mal einige Seiten hinter sich hat.
Daher ist das Buch vor allem Lesern empfohlen, denen es nicht um eine spannende Handlung geht, sondern die sich am Spiel mit der Sprache und den Ausdrucksmöglichkeiten von Emotionen durch Sprache beim Lesen erfreuen. Diese werden "Lusnok" sicher interessant finden.
Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagswebsite: "Lusnok"