Für Aileen ist es schön, eine Ausbildungsstelle gefunden zu haben, die ihr Freude macht. Auch wenn eine Tischlerlehre vielleicht nicht unbedingt ein typischer Ausbildungsberuf für eine Frau ist. Anfangs gab es zwar seltsame Blicke, aber nun ist sie in der Werkstatt voll akzeptiert. Das liegt aber auch an dem Tischler Thomas, der sich um sie kümmert und dafür sorgt, dass sie sich wohl fühlt. Und wenn Aileen ehrlich ist, gefällt er ihr auch als Mann ganz gut, doch von seiner Seite kam bislang kein Zeichen, dass es ihm genauso geht. Deswegen sind sie lediglich Freunde, die ab und an etwas gemeinsam miteinander unternehmen und sich neue Bands anhören.

Nach einem dieser Treffen läuft Aileen alleine zur U-Bahn, als sie von mehreren Männern verfolgt wird. Sie drängen sie in eine Sackgasse, verprügeln sie und haben schließlich vor, sie zu erstechen. Den eigenen Tod vor Augen stößt Aileen einen schrecklichen Schrei aus. Die Fenster über ihr zerbersten und ihre Peiniger krümmen sich vor Schmerz. Entsetzt und voller Angst läuft sie davon, nach Hause. Ab diesem Moment spürt sie, dass sie eine besondere Fähigkeit in sich trägt. Und diese bleibt nicht unbemerkt. Als ein Fremder ihr erklärt, dass sie eine Banshee sein soll, muss sie lachen, doch er überzeugt sie mit seinen eigenen magischen Fähigkeiten. Genau wie er und viele andere ist Aileen ein Mensch, der das Blut von Göttern in sich trägt. Doch sie ist in Gefahr, denn seit geraumer Zeit versucht eine unbekannte Macht, alle Götterkinder von der Erde zu tilgen, und dieser Krieg hat gerade erst begonnen.

"Das Lied der Banshee" handelt von einer jungen Frau, die unvermittelt erfährt, dass die Welt, in der sie lebt, nicht ganz so gestaltet ist, wie sie immer dachte. Dank ihrer verstorbenen Mutter trägt sie magische Kräfte in sich, die sie zu einem mächtigen Werkzeug machen, doch dadurch besitzt sie auch viele Feinde. Auf ihrem Weg begegnet sie vielen anderen Fabelwesen wie Sartyren, Nymphen und Wassermännern. Ihre Stütze ist hierbei der bodenständige Thomas, ihr guter Freund, der ebenso wie sie in diese Sache gestolpert ist. Ein guter Ansatz für einen fantasievollen und spannenden Jugendroman voller Action und ein wenig Romantik.

Leider jedoch gelingt es der Autorin Janika Nowak nicht, diese Geschichte wirklich zum Leben zu erwecken. Zwar gibt es viele gefährliche Situationen und eine abenteuerliche Reise durch Europa, doch all dies lässt den Leser ziemlich kalt. Statt Atmosphäre aufzubauen, wird Szene um Szene aneinandergereiht, um durch Geschwindigkeit Spannung zu erzeugen. Ein weiterer negativer Punkt ist die Hauptfigur Aileen selbst. Ihre Rolle als Banshee ist gut durchdacht, und ihre magische Entwicklung wird schön beschrieben. Wieso sie jedoch mit zwei Scheuklappen durch die Gegend läuft und nicht, wie der Leser nach einigen Seiten, mitbekommt, dass dieser gut aussehende Thomas sie liebt, versteht der Leser nicht. Thomas ist irgendwie auch als Figur recht blass, ein Fels in der Brandung, der da ist, eine Schulter zum Ausweinen, aber extrem zweidimensional. Letztlich bleibt somit nur ein ganz gut erstelltes Spannungsgerüst mit einer annehmbaren Geschichte.

Wer leichte Fantasy mit etwas Romantik lesen will, kann dieses Buch zur Hand nehmen, wer ein wenig mehr Anspruch möchte, sollte dies nicht.