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New York ist eine Stadt der Superlative: Sehenswürdigkeiten, Museen, Restaurants, Läden – alles scheint es im Übermaß zu geben. Und Reiseführer zu der Stadt der Städte füllen ganze Bücherregale. Doch was wohl für jede Stadt gilt, gilt für New York in besonderem Maße: New York ist auch ein Lebensgefühl, und zwar nicht nur für die Menschen, die tatsächlich schon dort wohnen, sondern auch für etliche, die dem Big Apple vielleicht nur mal kurz oder gar noch nie einen Besuch abgestattet haben.
In Verena Luekens "Gebrauchsanweisung für New York" geht es nicht darum, konkrete Reisetipps zu geben. Die Autorin widmet sich vielmehr der Aufgabe, das Lebensgefühl der Stadt durch teils skurrile, gerade deswegen aber sprechende Fakten, durch episodische Ausflüge in die Geschichte und auch persönliche Anekdoten aus dem Alltagsleben greifbarer zu machen. Letzteres hautnah mitzuerleben hatte die Journalistin selbst Gelegenheit: Sieben Jahre lang wohnte sie als Kulturkorrespondentin der
Frankfurter Allgemeinen Zeitung mitten in Manhattan, an der Upper West Side.
Die neunzehn Kapitel des Buches widmen sich ganz unterschiedlichen Themen. Intelligent und atmosphärisch gibt die Autorin Einblicke in die Geschichte der Einwandererwellen, der verschiedenen Bürgermeister New Yorks sowie des weltberühmten Kult-Magazins
The New Yorker, in die Entstehung des Central Parks und in den verborgenen Untergrund der Stadt. Der Leser wird eingestimmt auf die eisigen Winter und die glühend-schwülen Sommer, den Verkehr und die Parkplatznot, die vor dem Kollaps stehende Wasserversorgung und die Schwierigkeiten der richtigen Kleiderwahl, in die der Ortsunkundige bei offiziellen Einladungen geraten kann. Und da kaum eine andere Stadt so oft als Filmkulisse diente und in den Köpfen der Menschen so sehr durch ihre Inszenierung für die große Leinwand geprägt ist, werden auch einige ihrer berühmtesten Filmszenen rekapituliert: Wer erinnert sich nicht gerne an den Riesenaffen King Kong auf dem Empire State Building, an die entzückend "Moon River" trällernde Audrey Hepburn auf einer Feuertreppe oder an die Silhouetten Woody Allens und Diane Keatons mit Blick auf die Brooklyn Bridge?
Zum Teil werden diejenigen, die der Stadt nur einen mehrtägigen Touristenbesuch abstatten, mit den beschriebenen Situationen nie in Berührung kommen. Doch diese Geschichten können gerade auch dann interessant sein: Sie können helfen, beim Lesen sein eigenes Leben in New York herbei zu imaginieren und beim Besuch vielleicht manche Alltagsbegebenheit mit Insiderblick zu betrachten. Wer die "Gebrauchsanweisung für New York" gelesen hat, wird sich zum Beispiel nicht mehr wundern, wenn aus dem Duschkopf in seinem Hotel nur ein jämmerliches Rinnsal tröpfelt. Ein paar praktische Tipps gibt es übrigens hier und da dennoch, und im Schlusskapitel verweist Verena Lueken auf empfehlenswerte Reiseführer und andere New York-Bücher.
Auch wenn das Buch sich nicht als klassischer Reiseführer gibt, kann man als kleines Manko anführen, dass das Inhaltsverzeichnis nicht etwas überschaubarer gestaltet ist. Welche Geschichten sich hinter Überschriften wie "Die Mastkuh" oder "ZIP" verstecken (nämlich die des
New Yorker und die der Einführung neuer Postleitzahlen), erschließt sich erst beim Lesen, so dass einzelne Themen nicht gezielt ausgewählt oder wiedergefunden werden können. Auch ein Stichwortregister gibt es leider nicht. Als kleine Ergänzung wäre zudem der Abdruck eines Stadtplans sinnvoll, der einem die Orientierung erleichtern könnte, während man der Autorin gedanklich in die verschiedenen Stadtviertel folgt.
Alles in allem bietet die "Gebrauchsanweisung für New York" aber eine unterhaltsame und informative Gedankenreise in die Stadt der Städte!