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In seinem 2008 auf Deutsch erschienen Buch "Die Fliegenfalle" hat der schwedische Autor Fredrik Sjöberg, von Hause aus Biologe, bereits eine außergewöhnliche, heute in Vergessenheit geratene schwedische Forscherpersönlichkeit portraitiert. "Der Rosinenkönig" befasst sich mit einem weiteren Landsmann des Wissenschaftlers, nämlich Gustaf Eisen (1847-1940), der sich um ganz unterschiedliche wissenschaftliche Disziplinen verdient gemacht hat.
In seinem von etlichen, teils dramatischen Brüchen geprägten Leben erforschte Eisen unter anderem Regenwürmer in Schweden und korrespondierte mit Charles Darwin darüber. Später, in die USA übergesiedelt, züchtete er praktisch gezwungenermaßen Weintrauben und entwickelte sich zu einem sehr erfolgreichen Rosinenhersteller – Rosinen wurden damals in Amerika kaum produziert -, der ein Standardwerk zu diesem Thema verfasst hat. Als er knapp sechzig war, fiel seine in dreißig Jahren aufgebaute naturwissenschaftliche Sammlung dem verheerenden Erdbeben von San Francisco zum Opfer.
Später widmete sich Eisen dem Studium von Glasperlen, noch später glaubte er, den "heiligen Gral" entdeckt zu haben. Und das sind nur einige der Aktivitäten dieses erstaunlichen "Allrounders", der im Übrigen als junger Mann den fast gleichaltrigen August Strindberg förderte.
Aber Sjöberg wäre nicht Sjöberg, wenn es sich bei "Der Rosinenkönig" um eine klassische, strenge Biografie handelte. Immer wieder flicht der Autor sein eigenes, ebenfalls durchaus buntes Leben mit ein, und auch die Schwebfliegen, zentrales Thema in "Die Fliegenfalle", bringen sich recht häufig ein.
Sjöberg als Junge, Eisen als Junge: Autor und Portraitiertem war, wie das Buch zeigt, die Freude am Sammeln, am Experimentieren, an der biologischen Systematik bereits früh eigen. Staunend verfolgt der Leser den Werdegang des Gustaf Eisen und genießt die dazu passenden, humorvoll verfassten Episoden aus Sjöbergs Leben.
Sjöberg beabsichtigt nicht, sich mit diesem Ineinanderflechten "wichtig zu machen" und neben Eisen zu stellen, er zeigt einfach Parallelen auf und massive Unterschiede, geht auf die massiven politischen und gesellschaftlichen Veränderungen unterworfene Zeit Eisens ein, macht das Leben des Forschers verständlich und analysiert es nicht zuletzt durch Gegenüberstellungen.
Im Erzähltempo gibt es immer wieder Brüche, die die Lektüre sehr spannend gestalten. Meist geht es ziemlich flott, mit allerlei Bock- und Seitensprüngen, voran, doch häufig kommt es auch zu einem Innehalten, Verweilen, Ausarbeiten. Ausblicke auf später aufgegriffene Themen, Rückblenden auf bereits Erwähntes, seitliche Schleifen; an Spannung und Abwechslung mangelt es diesem Buch nicht, doch es wirkt keineswegs chaotisch.
So lernt der Leser auf unterhaltsame Weise eine außergewöhnliche Persönlichkeit kennen und erfährt ganz nebenbei etwas über das Wesen der Wissenschaft und den Reiz daran, sich seltsamen Passionen bedingungslos hinzugeben, wie der Untertitel ja schon sagt.
Die Lektüre lohnt sich somit auch für Nichtwissenschaftler. Das Buch macht Mut, ungewöhnliche Leidenschaften auszuleben und zu genießen, es präsentiert eine interessante Persönlichkeit und etliche spannende Themen. Und es ist angenehm und höchst kurzweilig zu lesen.