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Die Welt in einer nicht genau bestimmten Zukunft: Viktor Vau ist Wissenschaftler mit Leib und Seele. Der Eigenbrötler hat sich früh von seinen Kollegen distanziert, weil diese seine Forschung stets belächelten, denn Vau arbeitet an einer neuen Universalsprache. Die unpräzise Ausdrucksweise der aktuellen Sprache, die so viel Raum für Missverständnisse und Fehler lässt, ist ihm ein Gräuel. Mit Viktor Vaus neu erschaffener Sprache soll es endlich möglich sein, die Realität absolut exakt und präzise abzubilden, ohne dass es Raum für Zweideutig- oder Ungenauigkeiten gibt.
Währenddessen vor der Küste Afrikas: Nahe dem kleinen Staat Dagombé wird ein nicht identifizierbares Flugobjekt gesichtet, das schließlich ins Meer stürzt. Als die Raumkapsel geborgen wird, stehen die eilig herbeigerufenen Forscher und Geheimdienstmitarbeiter vor einem Rätsel: Die Kapsel ist buchstäblich wie aus dem Nichts aufgetaucht und weist auch keinerlei Spuren auf, die belegen würden, dass sie jemals in die Erdatmosphäre eingetreten ist. Wer hat sie geschickt und warum? Der Inhalt des Objektes ist ebenso rätselhaft: eine Botschaft in einer Sprache, die niemand entschlüsseln kann. Nach einigem Hin und Her wird schließlich Viktor Vau hinzu gerufen, schließlich gilt er trotz seiner Verschrobenheit als Koryphäe auf dem Gebiet der Linguistik. Und tatsächlich, Vau kann – unbemerkt von den anderen – die Botschaft entziffern, denn sie ist zu seiner grenzenlosen Verblüffung in
seiner Universalsprache geschrieben worden. Für Viktor ist der Inhalt allerdings der Beginn eines furchtbaren Albtraums …
Gerd Ruebenstrunk konnte zuletzt mit seiner fantastischen Trilogie um die "
Vergessenen Bücher" Erfolge feiern. Mit "Das Wörterbuch des Viktor Vau" verlässt er das Kinder- und Jugendbuchgenre und wendet sich in seinem ersten Buch für erwachsene Leser einer faszinierenden Zukunft zu, in der eine Universalsprache, ein Staatsapparat mit diktatorischen Zügen, ein Serienmörder, ein verschrobener Wissenschaftler und gnadenlose Geheimdienst-Mitarbeiter die Hauptrollen spielen.
Hier verstrickt sich der eigenwillige Protagonist Viktor Vau vollkommen ungewollt in eine Reihe von Ereignissen, die sein vormals so ruhiges und wohlstrukturiertes Leben durcheinander wirbeln. Zu Beginn, wenn der Autor die vielen Charaktere und Schauplätze einführt, die hier eine Rolle spielen, ist vieles noch unklar, was auch daran liegt, dass der Leser sich in dieser recht komplexen Zukunftsvision erst zurechtfinden muss. Dabei entwickelt der Roman aber von Beginn an einen unwiderstehlichen Sog, gerade weil man nicht weiß, wie alles zusammenhängt. Wie kann es sein, dass eine Botschaft nur von Viktor Vau entschlüsselt werden kann, obwohl doch niemand außer ihm seine Universalsprache kennt?
Die teils recht düster anmutende Zukunft, die Ruebenstrunk für "Das Wörterbuch des Viktor Vau" entworfen hat, ist wunderbar realistisch und detailliert ausgearbeitet. Es fällt nicht schwer, sich vorzustellen, dass die Welt eines Tages genau so aussehen könnte, zumal die Vision einer postdemokratischen Gesellschaft, die geprägt ist von fast täglichen Terrorakten und politischem Gezerre um Rohstoffe und Macht, überhaupt nicht weit hergeholt ist. Vor allem die Schilderungen des Kontinents Afrika in der Zukunft sind ausnehmend gut gelungen. In den Wirrungen und Verstrickungen von Geheimdiensten, korrupten Machthabern und anarchistischen Bürgerrechtlern wird der arme Viktor Vau zum Spielball, der durch seine autistische Art nicht auf eine dermaßen chaotische Entwicklung vorbereitet ist.
Die Aufmachung des Softcovers aus dem Piper Verlag kann überzeugen: Das Buch ist Viktor Vaus persönlichem Notizbuch nachempfunden, inklusive angedeuteter runder Ecken und Viktors Initialien, wenn man das Cover aufklappt.
"Das Wörterbuch des Viktor Vau" ist ein reizvoller, intelligent erdachter Roman für Fans von anspruchsvoller, aber gleichzeitig flüssig zu lesender Literatur, der wohl am ehesten der Science Fiction zuzuordnen ist, aber auch Thrillerelemente und Gesellschaftskritik in einer dezenten Dystopie enthält. Eine äußerst spannende Mischung, die zum Nachdenken anregt! Zu Beginn braucht man etwas Geduld, um sich einzulesen, es lohnt sich aber unbedingt.
Eine Leseprobe und einen Trailer zum Buch gibt es bei Piper.