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Wenn man bei einem Rennspiel schon während des Intros mit offenem Mund und vor Anspannung feuchten Händen dasitzt, kann das eigentlich nur Gutes bedeuten. "Shift 2 Unleashed" präsentiert sich von der ersten Minute an als Rennspiel der großen Emotionen und als intensive Racing-Erfahrung. Aber ob unter dem sauber polierten Lack der gelungenen Aufmachung auch ordentlich Pferdestärken stecken oder ob EAs neuester "Need for Speed"-Ableger eher ein Schaf im Wolfspelz ist, soll dieser Test klären.
Nomen est omen?Zunächst zur Namensgebung: "Shift 2 Unleashed" gehört zwar – wie auch der Vorgänger "Need for Speed Shift" – offiziell zur "Need for Speed"-Reihe, im Namen jedoch ist dies nicht mehr direkt zu erkennen. Der Grund dafür ist EAs Strategie, die "Shift"-Ableger als eigenständige Marke zu etablieren und bewusst vom Arcade-Image der anderen "Need for Speed"-Spiele abzugrenzen. Und das ist auch gut so, denn wer hier einen Spaßracer à la "Hot Pursuit" erwartet, wird sich bereits in der ersten Runde mit Vollgas ins Kiesbett verabschieden. Nein, "Shift 2 Unleashed" ist kein Arcade-Rennspiel, gewiss nicht. Vielmehr ist es ein kraftstrotzendes Monstrum, das beherrscht und gemeistert werden muss. Wie ein Rennwagen eben.
Das Auge fährt mitDabei muten die Menüs, durch die man am Anfang navigiert, beinahe minimalistisch an. Klare Konturen, wenig Schnickschnack, ruhige Funktionalität statt bunter Effekthascherei. Kein Wunder, denn der wahre Augenöffner folgt, sobald man zum ersten Mal auf die Strecke geht: Die Texturen und Wagenmodelle sehen in der aufgebohrten Engine, die Entwickler Slightly Mad bereits in "Need for Speed Shift" einsetzte, noch einen Tick besser aus, die Spiegelungen auf Blech und Scheiben sind bei jeder Beleuchtung stimmig, und die Lichteffekte, insbesondere bei Dämmerungs- und Nachtrennen, wirken überaus gelungen.
Feintuning für den NachfolgerNachtrennen? Damit wären wir schon bei den spielerischen Neuerungen, die "Shift 2 Unleashed" bietet. Die Rennen bei Dunkelheit waren im Vorgänger nicht vorhanden, sie sind eine nette Abwechslung zur ansonsten eher serienmäßig daherkommenden Rennmodi-Ausstattung. Vergleichsmöglichkeiten mit Freunden gab es auch in "Need for Speed Shift" schon, das aus "Hot Pursuit" bekannte Autolog-Feature erweitert allerdings die sozialen Funktionen deutlich. Besonders erwähnenswert ist die Helmkamera-Perspektive, mit der man direkt aus den Augen des Fahrers auf die Strecke blickt – Helmränder und Kopfbewegungen inklusive. Das erscheint auf den ersten Blick ungewohnt, macht das Mittendrin-Erlebnis aber noch greifbarer – klasse! Die sonstigen Änderungen sind Standard für Nachfolger-Spiel: Der Fuhrpark und die Streckenauswahl wurden merklich vergrößert – wenn auch im letzteren Fall durch reichlich Streckenrecycling und Alternativrouten.
Auf der ZielgeradenBekannte Strecken hin oder her – sobald die Ampel auf Grün schaltet, zeigt "Shift 2 Unleashed" seine wahre Größe. Die Rennen – egal ob auf Zeit oder gegen einen oder mehrere andere Fahrer – sind pures Adrenalin: Hochspannung in jeder Kurve, an der heiß umkämpften Ideallinie, bei gewagten Überholmanövern, im aggressiven Gegnerpulk. Effekte wie der Tunnelblick bei hohen Geschwindigkeiten und die verschwimmende Sicht bei Unfällen verstärken das Gefühl, nicht vor dem Fernseher sondern in einem echten Rennwagen zu sitzen. Aber Einsteiger seien ausdrücklich gewarnt: Dieses atemberaubende Spielgefühl gibt es in "Shift 2 Unleashed" zu keiner Zeit geschenkt. Es erfordert viel Übung, die Balance zwischen Gas und Bremse zu kontrollieren und Kurven richtig anzufahren; blindes Drauflosheizen bringt unter Garantie keinen Podiumsplatz ein – geschweige denn das Siegertreppchen. Zwar kann man allerlei Fahrhilfen wie Traktionskontrolle, dynamische Ideallinie oder Lenkhilfe einstellen, aber selbst mit aller Unterstützung und auf dem leichtesten Schwierigkeitsgrad ist dieses Game ein harter Brocken. "Shift 2 Unleashed" richtet sich also an fortgeschrittene Rennspieler, und selbst die sollten einiges an Frustresistenz mitbringen.
Letzter Platz für die KIDies liegt vor allem daran, dass Slightly Mad es dieses Mal mit der Stärke der Computergegner wirklich übertrieben hat. Diese scheinen die Ideallinie für sich gepachtet zu haben und lassen sich nur mit viel Geschick und perfekter Fahrweise überholen. Zudem rammen und drängeln die KI-Fahrer gnadenlos, unsaubere Überholmanöver werden meist mit Remplern quittiert, die dann allzu oft schleudernd im Kiesbett enden. Ein grober Fahrfehler während des Rennens kostet mit großer Wahrscheinlichkeit bereits den Sieg, bei zwei oder mehr kann man sich häufig gleich auf die hinteren Plätze verabschieden.
"Einmal probier ich’s noch …"So frustrierend der Schwierigkeitsgrad von "Shift 2 Unleashed" auch sein mag: Motivierend bleibt das Spiel trotzdem, weil man trotz aller Schimpftiraden über die KI weiß, dass man die Niederlage durch Fahrfehler, zu zögerliches Beschleunigen oder mangelnde Streckenkenntnis selbst verschuldet hat. Dafür ist der Sieg umso schöner, wenn man es dann nach ein paar Anläufen doch auf den ersten Platz geschafft hat. Das Rennen als intensiver, schweißtreibender Wettkampf, der Leistung belohnt und Schwäche bestraft – den einen mag das zu schwer sein, für andere ist es eine willkommene Herausforderung im Dschungel von immer anspruchsloseren Spielen.
Verdiente SektduscheEAs "Shift 2 Unleashed" braucht sich vor der Konkurrenz, allen voran dem überbewerteten Genreprimus "Gran Turismo 5", ganz sicher nicht verstecken: Das grandiose Geschwindigkeitsgefühl, die vielen Spielmöglichkeiten und die schier unbeschreibliche Spannung katapultieren das Spiel mitten in die Spitzengruppe der Sim-Racer. Die wenigen Schwächen macht "Shift 2 Unleashed" durch die realistische Inszenierung wieder wett, sodass das Game allen Hobbyrennfahrern mit Profiambitionen vollauf zu empfehlen ist.