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Wer im Studium den Bereich "Molekularbiologie" möglichst umfassend abdecken möchte, hat eine nur geringe Zahl an sehr dicken Büchern zur Verfügung. Eines der neuesten ist der
Watson, der im englischsprachigen Raum bereits seit Jahrzehnten zum absoluten Standardwerk geworden ist.
In der sechsten, aktualisierten Ausgabe kann man auf mehr als neunhundert Seiten nachlesen, auf welchem Stand die Forschung ist und welch enorme Menge an Fachwissen notwendig ist, um Klausuren und Prüfungen im Grund- und Hauptstudium – egal ob Bachelor, Master oder Promotion - zu bestehen und den theoretischen Anforderungen eines modernen Labors gewachsen zu sein.
In fünf Kapiteln nähert sich der
Watson diesem vielgestaltigen Thema und versucht sowohl pädagogischen als auch wissenschaftstheoretischen Maßstäben gerecht zu werden. Nach der einführenden Darstellung im ersten Teil, der sich mit den grundlegenden chemischen Inhalten im Bereich der Genetik auseinandersetzt, stellt Teil II die "Erhaltung des Genoms" in den Mittelpunkt der Betrachtung. Teil III beschäftigt sich mit der "Expression des Genoms" und Teil IV mit "Regulation", ehe sich Teil V mit grundlegenden Methoden der Molekularbiologie beschäftigt.
Neben mehr als sechshundertvierzig Abbildungen, Tabellen, Grafiken und Diagrammen geben verschiedene, farbig ausgewiesene Kästen dem Inhalt zusätzliche Struktur. So ist jedem Kapitel ein Kasten mit den angestrebten Lernzielen vorangestellt, Informationen zu Versuchen, medizinischen Exkursen und weiterführenden Informationen runden jeden Bereich ab. Auch die Literaturliste am Ende jedes Kapitels dient der Vertiefung der Erlernten. Ein umfangreiches Register beendet das Lehrwerk.
Da die Auflistung des genauen Inhaltes in Form der Kapitel und Unterkapitel im Lehrwerk bereits einen Raum von dreißig Seiten einnimmt, soll dieser Abriss genügen, um zu dokumentieren, dass die Autoren versuchen, sämtliche Bereiche der Molekularbiologie abzudecken und genügend Raum für deren Vermittlung zu geben.
Bei der Bewertung des Buches stellen sich dem Leser dringendere Fragen. Zunächst muss sich der Student fragen, wie aktuell die Informationen in diesem Buch sind. Wie werden die tausenden von Fachbegriffe erläutert und welchen Raum nimmt deren didaktisch-pädagogische Vermittlung ein? Welche Anforderungen werden an den Leser/Studenten gestellt und in welchem Zeitraum ist die Fülle der Daten einprägbar oder gar anwendbar? Auch ist der Stil des Textes von Bedeutung, und in welchem Maße ist eine eventuell notwendige didaktische Reduktion der Inhalte erfolgt? Daneben interessiert den erfolgsorientierten und auf Ergonomie getrimmten Studenten, ob das Buch für den eigenen Studiengang zielgerichtet aufgebaut oder eine bloße Zusammenstellung von Inhalten ist.
Die Literaturliste, das Erscheinungsdatum und der Hinweis auf die Autorenschaft von James D. Watson enthüllen den Redaktionsschluss 2006 für dieses Lehrbuch (in der Originalausgabe). Dies mutet zwar nicht übermäßig aktuell an, ist aber im Bereich der Literatur für den Studenten der Biologie als theoretischem Leitfaden hinnehmbar. Sicherlich hat sich die Liste der vollständig entschlüsselten Genome mehr als verzehnfacht (wenn nicht verhundertfacht), doch ist dies nur von gradueller Bedeutung, da es im Studium vor allem auf Modellorganismen ankommt – die aber sind sehr ausführlich und ihrer Bedeutung gemäß abgehandelt.
Schwieriger abzuschätzen ist die Erlernbarkeit der vorhandenen enormen Dichte der Fachbegriffe. Zwar ist jeder einzelne Begriff verständlich eingeführt und vertiefend an anderer Stelle wiederholt zu finden, doch kann die schiere Fülle sicherlich erschlagend wirken – hier ist einfach methodisches Vorgehen und Lernen in kleinen Schritten erforderlich. Auch fehlt in diesem Buch die aufbauende Herangehensweise vom Einfachen zum Besonderen und vom Simplen zum Komplexen. Das Buch versteht sich nicht als Lehrgang, der von Null ausgehend jeden Inhalt aufbauend vermittelt, sondern eher als Komplettdarstellung. Ohne Vorkenntnisse ist daher jeder einzelne Text eine durchaus hohe Hürde, die eine intensive Auseinandersetzung erfordert.
Doch eins ist den Autoren in dieser Hinsicht zweifellos gelungen: Sie schreiben verständlich, geben viele Hilfestellungen und vermitteln in möglichst einfachem Stil komplexe Inhalte. Vor allem grafisch wird darauf geachtet, dass auch schwierigste Sachverhalte optisch klar erkennbar vermittelt werden. In der Zusammenschau von Text und Bild entsteht so ein sehr exaktes, leicht verständliches Bild – natürlich im Rahmen des hohen Anforderungshorizontes sämtlicher Inhalte.
James D. Watson, Tania A. Baker, Stephen P. Bell, Alexander Gann, Michael Levine und Richard Losick legen mit "Molekularbiologie" ein Standardwerk vor, das rundum begeistert. Zwar stellt es enorme Anforderungen und ist auch nach Monaten der intensiven Auseinandersetzung für den Anfänger und Fortgeschrittenen ein Buch mit vielen "Schwarzen Löchern", die sich nur sehr schwer mit Licht füllen lassen, doch kann es in punkto Stil, Inhalt, pädagogisch-didaktischem Konzept und Aktualität Höchstnoten einfahren. Dem Leser und Kenner älterer Lehrwerke zu diesem Thema kann es als exzellente Auffrischung und Aktualisierung dienen, ohne größere, neue Hürden aufzubauen. Dieser "Watson" ist ein großer Gewinn für jeden Biologie-Studenten und darüber hinaus jedem fachfremden Wissenschaftler, der auf dem Laufenden bleiben will, sehr zu empfehlen.
Das Inhaltsverzeichnis und eine Leseprobe können hier auf der Verlagswebsite eingesehen werden.