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Kellan Colt ist enttäuscht, sogar ziemlich sauer. Zwar sind die Runs, an denen sie teilnimmt, gut und auch lukrativ, dennoch beschleicht sie der Eindruck, zuwenig Geld für die Arbeit zu erhalten. Auch mit der Anerkennung, die sie vor allem bei ihrem Lehrer, Lothar, dem Weisen, sucht, ist es nicht weit her. Das alles führt dazu, dass Kellan anfangen möchte, eigene Runs aufzuziehen. Ein kleiner Decker hat Daten zusammengetragen, welche auf ein Waffenarsenal der ehemaligen US-Streitkräfte hindeutet. Erschwert wird das Ganze lediglich dadurch, dass das Gebiet, in dem das Arsenal vermutet wird, außerhalb vom Seattle Megaplex liegt. Dennoch verspricht ein Fund ziemlich viel Geld und Prestige. Beides sind für Kellan Dinge, die sie gerne haben möchte. Da der Decker von Kellan angetan ist, inspiriert er sie zu diesem Run. Bevor er ihr jedoch die nötigen Daten zukommen lassen kann, wird er ermordet.
Das ist Grund genug für Kellan diesen Run durchzuziehen. Sie wirbt einige Runner an. Einer ihrer Gefährten kann Kellan sogar noch mit Informationen über ihre verschwundene Mutter dienen.
Doch die Gruppe ahnt nicht, dass ein Giftschamane mitmischt und seine eigenen Ziele verfolgt ...
Im zweiten Teil der Bücher um Kellan Colt ist eine deutliche Entwicklung zu sehen. Wenn man
"Born to Run", den Vorgängerroman, als die Kinderstube ansieht, so ist dieser Roman die Pubertät. Kellan bricht mit Personen, rebelliert gegen ihren Lehrer und begehrt gegen vorherrschende Zustände auf. Sie will auf eigenen Füßen stehen, selber was erreichen und nicht mehr abhängig sein von den Erfahrenen. Sie schlägt Ratschläge in den Wind und versucht sich zu beweisen. Natürlich, wie man es weiß oder selbst schon erlebt hat, ist so was nicht einfach und geht meistens nach hinten los. So auch hier.
Die Charaktere werden etwas weiter vertieft, dennoch bleiben sie plakativ und stereotyp. Es kommen einige neue hinzu, doch diese werden leider nicht allzu gut eingebunden. Sie sind da, erledigen ihren Job und das war es denn auch. Leider hat sich dieser Roman zu seinem Vorgänger nicht stark verbessert. Die angedeuteten Gefühle der Runner untereinander oder deren Empfinden sind ab und an mal erwähnt, doch vertieft werden sie nicht sonderlich.
Die Story ist sehr einfach und schlicht. Ein Run in ein Gebiet außerhalb des Megaplexes, die Beute verspricht mehr Gewinn, sie ist größer und bedeutender - und sie verspricht einen Ruf. Die Vorgehensweise bei diesem Run entspricht dem Standard, ist nicht weiter verkompliziert worden und bleibt damit überschaubar.
Ein weiterer Aspekt wird wieder aufgegriffen. Kellans Suche nach ihrer verschwundenen Mutter wird wieder ins Spiel gebracht. Doch auch hier hat man das Gefühl, wie im ersten Roman auch, dass es nur Mittel zum Zweck ist. Natürlich lassen sich mit solchen Dingen unterschiedliche Handlungsstränge verbinden, doch hier wirkt das aufgesetzt, fast schon lieblos, fast wie ein Platzhalter, den man hingefügt hat, ohne die Fugen zu verstreichen.
Auch die Gangs, die sich ab und an mal einschalten, wirken so. Sie scheinen ohne nachzudenken zu agieren und treten in einer solchen Unterzahl auf, dass man sich fragt, ob sie sich überhaupt eine Chance ausgerechnet haben.
Hinzu kommen Sachen, die dem erfahrenen Leser etwas verwundern. So ist zum Beispiel von Cyberaugen zu lesen, die beim Hin- und Herblicken hörbare, gar störende Geräusche verursachen.
Für "Shadowrun"-Anfänger hingegen werden einige Sachen geboten. Magische Beschwörung von Geistern, Informationen zum Geistertanz, die Entwicklung danach in unterschiedliche Staaten und die neue Aufteilung von Seattle sind nur einige Punkte, die angerissen werden.
Für Fans ist das durch diesen Roman vermittelte Bild der Sechsten Welt allerdings befremdlich. Es scheint eine Art Werbe- oder Rekrutierungsroman für die Schatten zu sein. Es wird so dargestellt, dass jeder den Wunsch hat Runner zu werden, als Ziel im Leben eines jeden Megaplexbewohners. Die Schatten werden zwar als hart geschildert und als potentiell tödlich, doch das wird wettgemacht durch ein besseres Leben.
Damit wird der Eindruck verstärkt, dass die "Kellan Colt"- Bücher eher für Anfänger geschrieben wurden statt für die "alten Hasen" der Serie.
Sicherlich könnte man auch damit argumentieren, dass vielleicht der Übersetzer die Geschichte durch seine Arbeit negativ beeinflusst hätte. Doch Christian Jentzsch hat sehr viele Bücher übersetzt, fast alle Romane von "Shadowrun" bei Heyne, und man sah auch dort deutlich seine Qualitäten. Eine unterdurchschnittliche Geschichte kann selbst ein motivierter Übersetzer nicht verbessern.
Vielmehr drängt sich hier die Frage auf, ob dieses Buch überhaupt von Kenson ist, denn er hat auch schon bessere Geschichten gehabt, die auch von Christian Jentzsch übersetzt wurden.
Das Buch wird durch ein Glossar abgerundet, dass die gängigsten Bezeichnungen erklärt, jedoch nicht romanspezifisch ist.
Fazit:
Ein kurzer, in Zügen auch langweiliger Roman, der die Entwicklung der Hauptperson vorantreiben soll. Geeignet für Anfänger von "Shadowrun"; Kennern und beinharten Fans der Spielwelt sei hiervon allerdings abgeraten.