Utagawa Hiroshige ist der wohl bekanntest Künstler des ukiyoe, des japanischen Holzschnitts. Seine Werke beeinflussten viele andere Maler, darunter selbst europäische Größen wie Van Gogh. Am bekanntesten sind heute seine beiden Serien "36 Ansichten des Berges Fuji" und die "100 berühmten Ansichten von Edo". Edo, japanische Hauptstadt und inzwischen längst unter dem Namen Tokyo bekannt, wurde hier zum ersten Mal so zahlreich und ausführlich in einer Bilderserie dargestellt.
Der Taschen Verlag hat diese berühmten Holzschnitte von Edo jetzt aus den Blättern des "Ota Memorial Museum of Art" in Tokyo als "Hiroshige – Hundert berühmte Ansichten on Tokyo" in Deutschland herausgebracht.

Die Motive der Serie decken die verschiedensten Orte Edos ab und schaffen so ein gutes Bild der damaligen Metropole. Von Tempel- und Schreinbezirken über die belebten Straßen der Stadt, die öffentliche Parks und Landschaften an den Außenbezirken bis hin zu den Flüssen und Kanälen – Hiroshige schafft es, ein lebendiges und abwechslungsreiches Bild der japanischen Hauptstadt seiner Zeit entstehen zu lassen. Neben der Vielzahl der Motiven sorgen auch überraschende Ansichten dafür, dass die Blätter in dieser Kollektion nie eintönig werden.
Dabei ist der Aufbau der Seiten sehr strikt. Rechts findet man den Abdruck des Holzschnitts. Auf der linken Seite ist oben der Titel des Bildes in roten Kanji (japanischen Schriftzeichen) abgedruckt, darunter der Text in Lautschrift. Die untere Hälfte beginnt mit der Übersetzung des Titels und einer Erklärung zu dem Motiv.
Das Buch steigt ein mit einem Aufsatz von Melanie Trede, die unter dem Titel "Edo: Bilder einer Stadt zwischen visueller Poesie und idealistischer Wirklichkeit" nicht nur über das heutige Tokyo, sondern auch über Hiroshige selbst und das Buchprojekt spricht. Abgeschlossen wird das Buch mit einer Bibliografie, einer Zeittafel japanischer Epochen und einigen kurzen editorischen Anmerkungen.

Was bei dieser Publikation zunächst auffällt, ist die Gestaltung. Der Buchrücken umschließt das Buch komplett und wird sogar mit zwei kleinen Schlaufen verschlossen. Öffnet man es, findet man den Katalog lose im Buchrücken liegend vor. Der Katalog selbst ist japanisch gebunden, er besteht aus ungeschnittenen Seiten, die am Ende mit einem Faden verbunden wurden.

Die Seiten selbst sind sehr dünn und fühlen sich im Gegensatz zu anderen Kunstbüchern geradezu unbehandelt an. Leider führt dies auch dazu, dass die Seiten besonders am oberen Ende leicht umknicken. Auch kann es passieren, dass der Katalog aus dem Buchrücken rutscht, wenn man das Buch falsch transportiert.

Die Farbdrucke, wunderschön und detailreich, sind wirklich hervorragend abgedruckt worden. Die Farben leuchten und man erkennt viele Details, ohne dass durch zu große Vergrößerungen die Motive verwässert wurden.
Die Texte liefern zudem unaufdringlich viele interessante Informationen, zu dem dargestellten Ort und der Drucktechnik.


Auch wenn die Handhabung etwas unter der Prämisse, dieses Buch als möglich original japanisch präsentieren zu wollen, leidet – die "Hundert berühmten Ansichten von Edo" ist eine Sammlung der schönsten Farbdrucke von Hiroshige und zeigt ein Japan, das es so nicht mehr gibt. Jeder, der sich für die Vergangenheit des Landes oder die Bilder des ukiyoe interessiert, wird an dem stylischen Buch des Taschen Verlags schwer vorbeigehen können.

Wer vorab etwas in dem Buch blättern möchte, kann dies auf den Seiten des Verlages tun.