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Das Erscheinen der "Einführung in Kants Anthropologie" gute 40 Jahre, nachdem sie von Michel Foucault geschrieben worden ist, überrascht etwas angesichts der Bedeutung dieses Denkers des 20. Jahrhundert. Es handelt sich um eine Beischrift zu Foucaults Doktorarbeit. Das Ziel der Schrift ist die Einordnung der kantischen Anthropologie in die Philosophie Kants.
Kant hatte fast sein ganzes Professorenleben hindurch Jahr für Jahr Vorlesungen zur Anthropologie gehalten. Zugleich arbeitete er an seinen Kritiken, für die er bekannt wurde. In der Kant-Rezeption trat die Anthropologie hinter die Kritiken zurück, obwohl sie augenscheinlich von großer Bedeutung ist. Mit dem Versuch Foucaults sie philosophisch in Kants Werk einzuordnen trat er auch dieser Einseitigkeit der Kant-Rezeption entgegen.
Die deutsche Übersetzung, bei Suhrkamp erschienen, umfasst knapp 110 Seiten. Zusätzlich findet sich in dem Buch ein Vorwort des Herausgebers mit einer kurzen Geschichte des Textes sowie ein 20-seitiges Nachwort mit einer wissenschaftlichen Einordnung des Werks.
Der Text selbst ist nur wenig gegliedert, kommt fast gänzlich ohne Zwischenüberschriften aus. Foucault beginnt zunächst mit Hinweisen zur Entstehungs- und Rezeptionsgeschichte von Kants Anthropologie. Im weiteren Verlauf analysiert er Form und Inhalt und vergleicht sie mit den Kritiken Kants. Er kommt zu dem Schluss, dass der Anthropologie eine ähnliche Struktur zu Grunde liegt wie der Kritik der reinen Vernunft, viele Begriffe aber inhaltlich anders aufgefasst werden. Hätten die Kritiken einer neuen Philosophie den Weg geebnet und ihr einen Rahmen gegeben, so sei die Anthropologie bereits der Versuch mit dieser neuen Philosophie zu beginnen. Diese These will Foucault mit seiner Einführung beweisen.
Foucaults "Einführung in Kants Anthropologie" ist ein philosophiegeschichtlich interessanter wie origineller Text. Zum einen führt er in eine Seite Kants ein, die bis heute durch die intensive Beschäftigung mit den Kritiken oft vernachlässigt wird, zum anderen schafft er dies mit einer originellen These, die zur weiteren Beschäftigung mit dem Thema einlädt. Nebenbei lernt der Leser auch einiges neues über Foucault, der vor allem mit seinen Macht- und Diskursanalysen bekannt wurde. Eine der Quellen dieser Philosophie ist Kant, was kaum ein anderer Text so deutlich macht wie diese Einführung.
Suhrkamp hat sich große Mühe gegeben, den Text gut zu präsentieren. Das Vor- und das Nachwort sind gut geschrieben und vermitteln einen soliden Hintergrund. Die Übersetzung selbst ist durchaus gelungen, auch wenn an einigen Stellen zu nah am französischen Original formuliert wurde.
Da der Text nicht leicht zu verstehen ist, sollte sich der Leser nicht ohne philosophische Vorkenntnisse an die Lektüre wagen. Ansonsten ist der Text sehr zu empfehlen. Auch wenn der Preis recht hoch ist, lohnt sich die Anschaffung sicher für Interessierte.