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"Thorgal" zählt zu den sowohl langlebigsten als auch episodenstärksten frankobelgischen Comicserien. Nachdem sie in Deutschland jahrelang von Carlsen veröffentlicht worden war, hat sie jüngst bei Splitter ein neues Zuhause gefunden. In edler Hardcover-Ausstattung erschien im Mai 2011 nicht nur der jüngste Band, sondern auch eine Neuauflage des ersten Teils – und der Auftaktband der Spin Off-Serie "Die Welten von Thorgal". Im Rahmen dieser Reihe sollen diverse Nebenfiguren der Hauptserie näher beleuchtet werden. Den Anfang macht Kriss de Valnor, eine der ambivalentesten, aber auch beliebtesten Charaktere aus dem Thorgal-Universum:
Kriss de Valnor ist tot. Nachdem sie (in der Hauptserie) ihr Leben opferte, um Thorgal und die Seinen zu retten, erwacht sie in einem riesigen Bett in den hohen Hallen Asgards, umringt von Walküren: Freya, die erste unter den Göttinnen, hat sie zum Gericht der Walküren bestellt. Denn obwohl sie eigentlich für ihr egoistisches und hartherziges Wesen bekannt ist, hat Kriss durch ihr Opfer bewiesen, dass sie nicht ohne Güte ist. Die Walküren sollen nun entscheiden, ob sie an der Seite der tapfersten Krieger in die luxuriösen Hallen Odins eingehen darf, oder ob sie sie in einer endlosen Hölle schmoren wird. Bevor Freya ihr Urteil fällt, will sie jedoch Kriss’ Geschichte hören: Wie wurde ein unschuldiges Kind zu einer gefühlskalten Kriegerin und Mörderin? Die Angeklagte beginnt, ihre eigene tragische, harte Geschichte zu erzählen …
Nachdem sowohl der Einstiegsband als auch das aktuelle Abenteuer der Mutterserie "Thorgal" nur bedingt überzeugt haben, erweist sich der erste Band der "Welten von Thorgal" als wahrer Glücksgriff. Das nicht von ungefähr an einen Western erinnernde Titelbild verrät bereits, dass zwischen den Buchdeckeln eine sehr düstere, tragische Geschichte auf den Leser wartet. Für die Geschichte selbst zeigt sich Yves Sente verantwortlich, der auch der aktuelle Autor von "Thorgal" ist. Der erste Band ist übrigens nicht in sich abgeschlossen und erzählt nur den ersten Teil von Kriss de Valnors Geschichte. Diese überzeugt aber durchweg, denn es ist die konsequent erzählte Geschichte eines jungen Mädchens, das Schlimmes erdulden muss und auf diese Grausamkeiten mit dem einzigen Mittel reagiert, das ihr geblieben scheint: Gewalt. Es ist der Rachegedanke, der sie zunächst am Überleben hält. Nachdem sie mit ansehen musste, wie ihre Mutter Nacht von Nacht von ihrem "Beschützer" vergewaltigt wurde, verhärtet sich ihr Herz gegen Emotionen. Erst als sie einem anderen Außenseiter begegnet, der ebenfalls vom Leben gezeichnet ist, öffnet sie sich wieder ein Stück weit.
Kriss de Valnors tragische Geschichte setzt Giulio de Vita in dynamischen, farbenprächtigen Bildern um. Sein Stil unterscheidet sich sehr von dem des Polen Rosinski, der die Hauptserie seit dem ersten Band in Szene setzt. Er ist einen Tick amerikanischer, setzt auf klare Linien, leuchtende Farben, begeistert aber auch in Details. Sowohl Hintergrundszenarien als auch Bewegungsabläufe und Gesichtsausdrücke überzeugen – und auch, wenn die langgestreckten, gotischen Elemente, mit denen er Asgard ausstattet, im Prinzip nicht zur rauen Welt der Wikinger-Götter passen, so sind sie ein Augenschmaus!
Abgerundet wird der Band noch durch umfangreiches Zusatzmaterial: Interviews mit den Machern, die auf die Entstehung der Serie eingehen bzw. darauf, was den Leser in künftigen Bänden erwartet – und für Neulinge in der Welt von Thorgal ein bisschen verwirrend sein können – sowie Skizzen und Farbstudien.
Mit "Kriss de Valnor – Ich vergesse nichts!" gelingt Sente und de Vita ein phantastischer Auftakt der "Welten von Thorgal", zumal die Spin Off-Serie mühelos auf eigenen Beinen stehen kann und Kenntnisse der Hauptserie in keiner Weise benötigt werden. Bleibt zu hoffen, dass das nachfolgende Album möglichst bald erscheint, denn dieser Band macht Lust auf mehr!
Eine Leseprobe findet man "hier"!