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Im Milleniumsviertel am Rande von Reykjavík findet ein achtjähriger Junge einen interessanten Stein, der sich einige Zeit später als Stück eines menschlichen Knochens herausstellt. Bei der Besichtigung des Fundortes stoßen die Mutter des Jungen und ein benachbarter Medizinstudent auf weitere Hinweise, die davon zeugen, dass in der Baugrube eines zukünftigen Siedlungshauses ein Mensch begraben wurde. Kommissar Elendur und seine Kollegen nehmen sich des Falles an und müssen zu ihrem Leidwesen feststellen, dass sich der einzige isländische Gerichtsmediziner im Urlaub außer Landes befindet. So bleibt den in diesen Dingen recht unerfahrenen Polizisten nichts weiter übrig, als einen Archäologen des Nationalmuseums um Hilfe zu bitten. Eine Entscheidung, die sie schon bald bereuen. Denn außer der Aussage, dass die Knochen etwa sechzig Jahre alt sind, erfahren sie in den nächsten Tagen keine weiteren Fakten.
Trotz der recht unbefriedigenden Tatsache, dass der eingefleischte Wissenschaftler Tage braucht, um das menschliche Skelett nach seinen Methoden auszugraben, beginnt das Team um Erlendur mit seinen Ermittlungen. Schon bald stoßen sie auf einige Vorkommnisse, die zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges die Gemüter in der Gegend erregten. Nicht nur, dass eine junge Frau plötzlich verschwand und einige der damaligen Bewohner behaupten, sie wäre ins Wasser gegangen, lässt die erfahrenen Polizisten aufhorchen, auch die Stationierung von britischen und amerikanischen Streitkräften in dieser Gegend sorgt dafür, dass sie einigen interessanten Ermittlungsansätzen nachgehen können. Doch die Lösung des Rätsels, wer letztendlich in der Grube seine letzte Ruhe fand, beruht auf einer menschlichen Tragödie, deren erschreckenden Ausmaße nur ganz langsam ans Tageslicht treten.
Arnaldur Indriðason hat mit "Todeshauch" einen Kriminalroman geschrieben, der sehr ruhig, dafür aber um so tragischer vonstattengeht. Nicht nur, dass
Kommissar Erlendur mit einer Familiengeschichte konfrontiert wird, die ungeheuerlich anmutet, auch seine drogenabhängige Tochter, die nach einer Fehlgeburt ins Koma fällt, stürzt den gestandenen Polizisten in eine tiefe Lebenskrise. Denn egal, von welcher Seite aus Erlendur sein bisheriges Leben betrachtet, er scheint nicht ganz unschuldig an dem Dilemma seiner Tochter Eva Lind zu sein. Doch seine Bemühungen, Kontakt zu seiner Exfrau aufzunehmen und die Situation zu klären, scheitern und so bleibt ihm nichts weiter übrig, als am Bett seiner bewusstlosen Tochter zu sitzen und über die schief gelaufenen Ereignisse in seiner Vergangenheit nachzudenken.
Melancholisch und düster, so erscheint der vierte Fall des isländischen Kommissars und entblättert Stück für Stück das erschreckende Leben einer Familie, die, gesegnet mit drei Kindern, am Rande der Armut lebt. Doch als wäre das der Schicksalsschläge nicht genug, fügt der Autor darüber hinaus persönliche Probleme der Ermittler in die Geschichte ein und schafft es so, den Leser an das Buch zu fesseln. Überaus gefühlvoll und angereichert mit erschreckenden Fakten berichtet er von derzeitigen und damaligen Tragödien und verpackt diese geschickt in eine Krimihandlung, die mit einer anhaltenden Spannung aufwarten kann. Überraschende Wendungen und lebensecht agierende Charaktere ergänzen die gut durchdachten Erzählungsstränge und präsentieren einen Krimi, der durchgängig gut zu unterhalten vermag.
Fazit:
Eine eindringliche Erzählweise, sozialkritische Aspekte und ein schwermütiger Kommissar sorgen dafür, dass "Todeshauch" wohldosiert mit den Gefühlen der Leser spielt. Dabei bietet die durchgängig melancholische Stimmung einen guten Nährboden für Verbrechen aller Art und so kann der Leser einige davon hautnah erleben. Ein Kriminalroman, der auf eine besondere Art fesselt und lange nachklingt.
Eine Leseprobe gibt es hier auf der Verlagswebsite.