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Der von Menschen verursachte Klimawandel ist seit Jahrzehnten in der öffentlichen Debatte und seitdem ein Politikum, welches insbesondere bei Umweltkatastrophen immer wieder die Medien bestimmt. Wolfgang Behringers "Kulturgeschichte des Klimas" versucht nachzuzeichnen wie das Klima immer schon das Leben der Menschen und die Existenz ganzer Kulturen beeinflusst hat.
Sein 352-seitiges Werk reißt dabei in fünf Kapiteln die gesamte Kulturgeschichte der Menschheit an, von ihrem Anbeginn bis heute, auf allen Kontinenten. Im ersten Kapitel werden die wichtigsten Begriffe der Klimaforschung vermittelt. Klimageschichtliche Epochen werden beschrieben; der Leser lernt beispielsweise, wie unterschiedlich das Klima bisher war, dass die Erde bereits vollständig mit Eis bedeckt war, aber auch Phasen mit extrem heißer Atmosphäre hatte. Im zweiten Kapitel geht es um das Holozän, die Klimaepoche, in die die bisherige Existenz der Menschheit fällt. Behringer versucht bereits hier den Zusammenhang zwischen Klimaänderungen und der Entwicklung der Menschen herzustellen. Ein Beispiel: Während der Blüte des römischen Reiches gab es ein Klimaoptimum.
Im dritten und vierten Kapitel wird vor allem das Konzept der "kleinen Eiszeit" mit der kulturellen Entwicklung des Mittelalters und der frühen Neuzeit in Zusammenhang gebracht. Der Autor zieht Quellen heran, um zu belegen, wie sehr die Menschen auf das Klima angewiesen waren, wie sensibel sie auf Dürren, Regenfälle oder Naturkatastrophen reagierten. Dabei zeigt er beispielsweise, wie eng Hexenverfolgungen mit klimatischen Ereignissen verknüpft waren. Er nennt Korrelationen, unter anderem den Ausbruch eines großen Vulkans ein paar Jahre vor der Französischen Revolution, dessen Asche Missernten mit verschuldet hatte.
Schließlich behandelt der Autor im letzten Kapitel die Moderne mit ihrer globalen Erwärmung. In einem Epilog versucht er den derzeitigen Klimawandel zwischen natürlichen und von Menschen verursachten Phänomenen zu verorten und mahnt zu einem sachlichen Umgang, der weder panisch noch verharmlosend sein sollte.
Wolfgang Behringer hat mit der "Kulturgeschichte des Klimas" ein lesenswertes Buch vorgelegt. Der Versuch in einer Monographie den Zusammenhang zwischen der kulturellen Entwicklung der Menschheit und der des Klimas herauszuarbeiten ist interessant wie notwendig. Der Autor schafft es an vielen Stellen diesen Zusammenhang überzeugend herzustellen.
Der Leser fragt sich allerdings häufig, wie konkret er sich diesen Zusammenhang denn vorzustellen hat. Zu oft beschränkt sich der Autor darauf, eine zeitliche Korrelation zwischen Klima- und historischen Ereignissen zu rekapitulieren. Oft schränkt er ein, dass es natürlich auch anderer Ursachen bedarf, um geschichtliche Entwicklungen vollständig zu erklären. An anderen Stellen scheint er die Auswirkungen des Klimas dann wieder als entscheidend zu betrachten. Besonders verwirrend wird dies, wenn er sowohl die irrationalen Hexenverfolgungen als auch die Aufklärung mit ihrem Anspruch auf Rationalität mit den klimatischen Änderungen der kleinen Eiszeit in Zusammenhang zu bringen versucht und den Widerspruch mit dem kurzen Einschub zu lösen glaubt, dass nach langer Zeit die Menschen eben merkten, dass die Verbrennung einer Hexe zu keiner Klimaverbesserung führe. Selbst wenn diese einfache These stimmen würde - mit Klima alleine wäre die Aufklärung damit noch lange nicht erklärt.
Interessant wäre es gewesen zu erfahren, in welchen Situationen Klimaereignisse zu gesellschaftlichen Veränderungen führen und in welchen nicht. Da der Autor aber fast ausschließlich Beispiele für Korrelationen zwischen beidem anführt, ist ein Buch herausgekommen, das eine Geschichte erzählt, in der die Menschheitsgeschichte in wahrscheinlich zu großem Maß vom Klima abhängt, auch wenn der Autor nicht vergisst zu erzählen, wie sehr die Menschheit auch das Klima verändert hat.
Trotz dieser Einwände ist das Buch zu empfehlen. Es öffnet den Blick für bisher in der Geschichtswissenschaft unterbelichtete Zusammenhänge. Die Reaktion auf klimatische Entwicklungen und Ereignisse spielt eine wichtige Rolle in der Menschheitsgeschichte. Diesem Buch bleibt daher nur zu wünschen eine Reihe weiterer Studien hervorzubringen, um zu erfahren wie genau Klima und Geschichte zusammenhängen.