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Vor einem Jahr ist Carly gestorben. Sie wurde kaltblütig erschossen.
Es gab einen Prozess, der Mörder, ihr Onkel, wurde verhaftet und verurteilt, aber Carlys ehemaliger Freund Neily kommt über ihren Tod und auch über das Ende seiner Beziehung zu ihr nicht hinweg. Es gibt so viele Widersprüche, er erkennt die frühere Carly nicht mehr in jener ihrer letzten Monate wieder, in der Mordnacht hat sie ihn Hilfe suchend angerufen … Neily weiß, dass er nicht ruhig wird schlafen können, bevor er diese Widersprüche aufgelöst und Carlys wahren Mörder gefunden hat.
Ein neues Schuljahr beginnt, und Audrey, Carlys Cousine, die Tochter des verurteilten Mörders, ist an die Schule zurückgekehrt. Sie sucht Neilys Nähe – sie, die ihm seinerzeit Carly entzogen hat, die Carly – da ist sich Neily sicher – mit jener Clique in Kontakt gebracht hat, innerhalb derer ihr wahrer Mörder zu finden sein wird.
Doch rasch stellt sich heraus, dass Audrey verzweifelt dasselbe sucht wie Neily: die Wahrheit über Carlys Tod. Denn beide haben versagt, als Carly sie am dringendsten brauchte, beide haben sie den falschen Menschen in die Arme getrieben, und beide haben die Augen vor den Tatsachen verschlossen.
Sie schließen einen Bund, wollen Carlys Mörder finden, und begeben sich bewusst selbst in Lebensgefahr.
Liebe, Gefallsucht, Drogen – der Stoff, aus dem ein amerikanischer Highschool-Thriller bestehen muss?
Zumindest machen diese drei Zutaten den Löwenanteil des Jugendthrillers "Das kalte Herz der Schuld" von Anna Jarzab aus. Die Gestaltung setzt sich auf interessante Weise von anderen Krimis oder Thrillern ab: Neily und Audrey berichten hier abwechselnd aus ihrer persönlichen Perspektive; freilich ist der Leser nach Neilys ausführlichem Beginn Audrey gegenüber voreingenommen und kann sich ihr nicht so spontan nähern wie dem grundehrlichen Neily. Die Beziehungen zwischen Drogenhändlern und ihren Kunden nehmen einen überproportionalen Anteil an der Handlung ein.
Die Story selbst ist letztlich simpel, was sich aber erst gegen Ende des Romans erweist. Neily und Audrey müssen eine ganze Weile in Carlys und ihrem eigenen Umfeld recherchieren, bevor sie auf die richtige Spur stoßen, vielmehr gestoßen werden. Dazwischen liegt eine Menge Herzschmerz, liegen Redundanzen jeweils aus Neilys und Audreys Sicht, die den Thriller als solchen ausbremsen, zieht sich die Handlung. Diese stellt ohnehin eine Achterbahnfahrt dar mit vielen Beschleunigungen und Bremsmanövern. Es geht eben nicht nur um einen Mord, sondern auch um viele unverarbeitete Gefühle, um erste Liebe, Herzschmerz, Mobbing und all die Emotionen, die Menschen beiderlei Geschlechts ab dreizehn, vierzehn Jahren heimsuchen.
Der Thriller ist schlüssig, keine Frage, spannend, psychologisch nachvollziehbar und durchaus sensibel gestaltet; er überfordert die Zielgruppe nicht und zeigt auf, wie rasch Jugendliche in einen Kreislauf geraten können, aus dem es nur unter Lebensgefahr ein Entrinnen gibt.
Gute, spannende Unterhaltung, der Zielgruppe angepasst – aber auch ein wenig seicht.