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Chicago ist viel mehr Musical als Film und gewann 2003 sechs Oscars von insgesamt dreizehn Nominierungen (bester Film, Catherine Zeta-Jones als beste Schauspielerin in einer Nebenrolle, beste Ausstattung, beste Kostüme, bester Ton, bester Schnitt).
Roxie Hart (Renée Zellweger) träumt im Chicago der 20er Jahre davon, eine Berühmtheit zu werden. Der Film setzt ein, als sie mit ihrem Geliebten (Dominic West) in einen Club geht. Dort sieht sie die berühmte Velma Kelly (Catherine Zeta-Jones), die gerade einen Auftritt hat. Doch im Hintergrund warten bereits Polizisten, um sie festzunehmen ...
Dann springt der Film um einen Monat und Roxie befindet sich mal wieder in einem Stelldichein mit ihrem Geliebten. Sie drängt ihn, ihr nun endlich die wichtigen Leute vorzustellen, durch die sie berühmt werden kann und verweist darauf, dass bereits ein Monat vergangen sei seit dem Clubbesuch. Dies wisse sie so genau, weil Velma Kelly an diesem Abend wegen Mordes an ihrer Schwester und ihrem Gatten verhaftet wurde.
Der Geliebte aber hat Roxie satt und wird grob, beendet ihre Affäre und gibt zu, an jenem Abend erstmals in dem Club gewesen zu sein und Roxie angelogen zu haben, um sie ins Bett zu bekommen. Roxie rastet aus und erschießt ihn. So landet sie also im Frauengefängnis, wo sie nicht nur die Aufseherin "Mama" (Queen Latifah) kennenlernt, sondern auch Velma wiedersieht.
Roxies Verteidigung übernimmt der gerissene Anwalt Billy Flynn (Richard Gere) und ab da geht der Spaß erst richtig los!
Flynn hat die Angewohnheit, seine ungeteilte Aufmerksamkeit nur einer einzigen Dame zu schenken, und bis Roxie auftaucht, ist dies Velma. Velma ist natürlich alles andere als einverstanden damit, dass Roxie nun ins Rampenlicht geschoben wird und sie selbst in Vergessenheit gerät, und so wird man Zeuge eines erstklassigen Zickenterrors, bis der Film kurz nach Roxies Verhandlung und mit einem Ausblick auf ihre Zukunft endet.
Chicago ist zynisch, führt die Verlogenheit von Presse und Rechtssystem vor Augen und arbeitet fast durchweg mit durchtriebenen und gierigen Menschen. "Du kannst machen, was du willst - wenn du es nach vorn schaffst", scheint die Aussage des Ganzen zu sein und, wie sollte es anders sein, es hat seine zwei Medaillen.
Auf der einen Seite ist der Zickenterror in dem Film eine Party für sich und Szenen wie die mit der Presse als Marionetten oder der mit dem Zeitungswagen, der zur Hälfte Zeitungen mit der Überschrift "Schuldig!" und zur Hälfte solche mit dem Titel "Unschuldig!" geladen hat und auf das Urteil wartet, um die richtigen Zeitungen sogleich unter die Leute bringen zu können, sind wirklich herrlich bissig.
Auf der anderen Seite ist es natürlich schon so eine Sache, Mord als Party zu verkaufen und es gibt noch den armen Ehemann der Roxie und die unschuldige Ungarin in dem Film ...
Hier liegt ein Kritikpunkt an dem Film: Er geht nicht unter die Haut.
Er lädt zum Singen ein, zum Tanzen, entführt in eine andere Zeit, hat teils wundervolle Kulissen und Kostüme, aber er thematisiert auch Dinge, denen mehr Raum gebühren würde. Den Ehemann als armes Opfer (wenn auch selbst verschuldet), als Leidenden, den kann man noch gelten lassen, aber obwohl er wirklich liebevoll gespielt wird und den ganzen Film über auftritt, erreicht einen sein Schmerz nicht.
Und auch die Ungarin, wohl neben dem Ehemann die einzig wirklich unschuldige Person in dem Film, verliert. Natürlich, in einem Streifen wie diesem, da
muss sie verlieren, aber ihr Leid und ihr Schicksal, der Tod durch Erhängen als erste Frau in Illinois, das geht völlig unter zwischen knappen Kostümen, weiblichen Reizen und Konfetti.
Wer wenig übrig hat für Renée Zellweger, die hier in der Hauptrolle auftritt, darf beruhigt sein: Ihr wird die Show auf ganzer Linie gestohlen.
Die im Film recht dürr und nicht allzu weiblich wirkende Schauspielerin wirkt lediglich dümmlich und vermag es kaum, ihrer Rolle gerecht zu werden. Praktisch jeder andere in diesem Film fegt sie von der Bühne.
Allen voran vermag dies Catherine Zeta-Jones, wie geschaffen für einen Film wie diesen: Weiblich, mit Talent für Gesang und Tanz sowie glaubhafter Divendarstellung und absoluter Präsenz zeigt sie sich in diesem Film und wird somit nicht nur zur Augenweide, sondern auch zu einer bleibenden Erinnerung.
Doch auch Queen Latifah mit ihrem bemerkenswerten Auftritt als "Mama" vermag zu begeistern, Richard Gere macht sich erstaunlich gut in diesem Film und selbst ein winziger Auftritt von Lucy Liu versprüht mehr Gift und Esprit als alle Szenen mit Zellweger.
In der synchronisierten Fassung ist der Film nicht sonderlich zu gebrauchen, weil nun mal alle Lieder natürlich unsynchronisiert sind und man so einem dauernden sprachlichen Hin und Her ausgesetzt ist. Aber das kann man - DVD sei Dank - ja auch ändern. Leute, die der englischen Sprache nicht mächtig sind, werden aber vermutlich nur halb so viel Spaß mit dem Film haben.
Ein Film, in dem es um Showbusiness und Jazz geht, der braucht etwas Opulentes. "Es ist alles Zirkus", sagt Richard Gere an einer Stelle des Films und ja, so muss so ein Film sein.
Dies hat man auch bei den Extras berücksichtigt, die neben einem etwa halbstündigen Blick hinter die Kulissen auch Audiokommentare von Regisseur und Drehbuchautor sowie eine zusätzliche Musikszene beinhalten.
Chicago ist eine Satire, ein Musical, ein oscarprämierter Film. Er schwächelt böse bei der Hauptdarstellerin, verschenkt ein paar Möglichkeiten und hätte manches besser unausgesprochen oder unbeleuchtet gelassen, aber er unterhält trotzdem fantastisch mit seiner Opulenz, seiner Musik und seinem Zynismus.
Besetzung:
Catherine Zeta-Jones (Traffic, Verlockende Falle)
Renée Zellweger (Bridget Jones, Jerry Maguire)
Richard Gere (Pretty Woman, Zwielicht)
John C. Reilly (Gangs of New York, Der Sturm)
Colm Feore (Face Off, Stadt der Engel)
Queen Latifah (Scary Movie 3, Der Knochenjäger)
Lucy Liu (Ally McBeal, Cypher)
Produktion: USA 2002