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Cao Qiqiao, eine junge Frau aus einfachen Verhältnissen, wurde an den verkrüppelten, kranken Sohn einer verarmenden Oberklasse-Familie verheiratet. Sie leidet unter der Verachtung ihrer Schwiegermutter und Schwägerinnen und unter ihrer heimlichen Liebe zu ihrem nichtsnutzigen Schwager – und macht später ihrer eigenen Tochter und nicht minder ihren Schwiegertöchtern das Leben ebenso zur Hölle, wie es ihr selbst zur Hölle gemacht wurde.
"Das goldene Joch" mit dem soeben kurz umrissenen Inhalt ist die titelgebende erste Erzählung aus dem hier besprochenen Buch. Sie spielt im Shanghai der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts und hat novellenhafte Züge.
Es schließen sich vier weitere Geschichten an, die in Shanghai und Hongkong angesiedelt sind, kurz vor oder nach der Machtübernahme durch die Kommunisten: "Rote Rose, weiße Rose" behandelt den Konflikt eines eigentlich biederen Mittelschichtmannes zwischen Ehefrau und Geliebter, während in "Axiaos trauriger Herbst" eine gänzlich andere Gesellschaftsschicht beleuchtet wird, jene der einfachen Hausangestellten vom Lande. "Der Weihrauchkessel" wiederum schildert den Fall und Verfall eines jungen Mädchens aus Shanghai, das bei einer wohlhabenden Hongkonger Tante unterkommen möchte, um eine gute Schulausbildung zu erhalten, und zu spät begreift, dass diese eine Halbweltdame ist und sie für ihre unlauteren Zwecke instrumentalisieren wird. "Gischtblüten" schließlich spielt ebenfalls in Hongkong und zeigt die schweren, bisweilen fatalen familiären Konflikte auf, die während des Übergangs zum Kommunismus so häufig entstanden.
Ein interessantes Nachwort bietet Informationen zur Autorin und zu ihrem Werk.
Eileen Chang wurde 1920 oder 1921 unter dem Namen Zhang Ailing in Shanghai geboren. In ihrer Biografie finden sich einige Elemente und Hintergründe wieder, die sie in ihren Erzählungen verwendet und verarbeitet hat. Chang lebte kurz in Hongkong und emigrierte schließlich in die USA. Sie starb 1995.
Die in "Das goldene Joch" zusammengefassten Erzählungen befassen sich vor allem mit den Konflikten zwischen den Geschlechtern, aber auch zwischen den Generationen, die in einer Zeit des Umbruchs wie der hier als Hintergrund dienenden ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts natürlich in besonderem Maße auflodern. Frauen versuchen vergeblich, der Unterjochung und Instrumentalisierung durch ihre Männer oder Eltern zu entgehen, Männer benutzen Frauen und sind doch nicht recht glücklich damit, und in einigen der Geschichten spielt zudem der Gegensatz zwischen Ost und West eine beträchtliche Rolle, sind Ausländer, meist Briten, beteiligt, nicht zuletzt in "Axiaos trauriger Herbst" – hier wird dem traurigen, entbehrungsreichen Dasein der jungen chinesischen Hausangestellten vom Lande der mondäne englische Arbeitgeber mit seinem ausschweifenden Lebensstil gegenübergestellt. Und gelegentlich sind es, wie in "Der Weihrauchkessel", Frauen, die anderen Frauen die Hölle bereiten.
Der Stil der Autorin liest sich sehr angenehm; sie weiß mit Worten regelrecht zu malen, schildert sehr plastisch Menschen, Orte, Vorgänge und macht Gefühle nachvollziehbar. Oft gewinnen Szenen dadurch an Dramatik, dass der Leser nur eine Andeutung erhält und sich den Rest ebendieser Szenen denken kann und muss. Zugleich arbeitet die Autorin viel mit Rückblenden oder parallel ausgerichteten Handlungssträngen, also mit unterschiedlichen Ebenen. Und das Ende mancher Geschichte kommt etwas überraschend und bleibt verstörend offen.
Ein sehr lesenswertes Buch, nicht nur für Freunde chinesischer Kultur und Literatur!
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