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Nathaniel Stiedowe hat ein ehrgeiziges Ziel: Er will als der größte Serienkiller aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Dazu verfolgt er einen ausgeklügelten Plan, der vor allem auf Perfektion beruht – Nathan kopiert mit viel Liebe zum Detail die Verbrechen berühmter US-amerikanischer Serienmörder, leistet sich aber ganz im Gegensatz zu seinen berühmten Vorbildern nicht diejenigen dummen Fehler, die letztendlich zur Überführung der Täter führten.
So sieht sich die FBI-Agentin Dana Whitestone alsbald mit einer grausigen Mordserie konfrontiert, die überdeutlich die Zeichen bereits geschehener Verbrechen trägt: Der Killer hat seine Taten offenbar genau nach den grausamen Tötungen von David Berkowitz – dem "Son of Sam" –, Dennis Rader – dem "BTK-Killer" –, John Wayne Gacy – dem "Killer-Clown" – und weiteren bekannten Serienmördern inszeniert. Und ausgerechnet die Morde an unschuldigen kleinen Mädchen bringen Dana schließlich auf die Spur des Mörders, mit dem sie weitaus mehr verbindet, als sie zu Anfang ahnt ...
Ein psychopathischer Serienkiller und eine hochbegabte, ehrgeizige und vom Leben schwer gebeutelte FBI-Agentin: eine dankbare, aber auch überstrapazierte Kombination, die so oder so ähnlich in zig Thrillern auftaucht und wenige Überraschungen bietet, denn am Ende siegen in den allermeisten Fällen die Guten, die, bis es soweit ist, viele schlimme Verluste hinnehmen müssen. Auch Autor Jon Osborne greift zu den altbekannten Stilmitteln, nach denen Fans von Serienmörder-Thrillern lechzen – unfassbar grausame Verbrechen, eine eigenwillige Frau auf der Spur des Killers und dazu noch der äußerst reale Nervenkitzel, den der Copykill-Aspekt mit sich bringt, denn die Killer, die Nathaniel Stiedowe kopiert, sind allesamt reale Täter, die in den USA und darüber hinaus zu schauriger Berühmtheit gelangten.
Der Autor lässt den Leser von Beginn an darüber im Klaren, wer der Killer ist. Zwar legt Osborne im weiteren Verlauf ein paar falsche Spuren, aber so offensichtlich, dass man sie sofort durchschaut. Der Roman lebt also nicht von seinen ausgeklügelten Wendungen oder einer fieberhaften Suche nach der Identität des Täters, sondern eher vom nächsten Mord, von der nächsten Tat und der Frage, ob sie noch grausamer sein wird als die vorherige. Vor allem gegen Ende reiht Osborne Leiche an Leiche (an Leiche), und dies mit einer leidenschaftslosen Art, die wenig mitreißt oder gar Mitleid erregt. Da Nathan "nur" berühmte Serienkiller kopiert, gibt es auch kaum originelle Szenen, denn die Taten sind ja bereits minutiös dokumentiert und nicht vom Autor selbst erdacht (was kein Problem wäre, gäbe es die Copykill-Idee mit dahinterstehenden Rachegedanken nicht bereits).
Auch die toughe Agentin Dana Whitestone ist klischeehaft geraten - Vergleiche mit
Cody Mcfadyens tragischer Heldin Smoky Barrett drängen sich unweigerlich auf, aber im Gegensatz zu Smoky ist Dana vorhersehbar und man bemitleidet sie nicht wirklich trotz ihrer traumatischen Kindheit, ihres einsamen Lebens und ihres Alkoholproblems. Jon Osborne hätte hier deutlich mehr Energie aufwenden müssen, um sowohl Nathaniel als auch Dana mit echtem Leben zu füllen, nicht nur mit den gängigen Charakterzügen, die man als Leser fast schon erwartet.
Trotz dieser Schwächen ist "Töte mich" insgesamt ein spannender und unterhaltsamer Pageturner, den man in wenigen Stunden durchgelesen hat - vorausgesetzt, man steht auf Serienkiller, grausame Taten und schnelle, blutige Unterhaltung ohne allzu viel Tiefgang. Insofern ist "Töte mich" kein schlechtes Buch, aber eben auch nicht der große, originelle Wurf, den die Autoren-Stimmen auf der Coverrückseite verheißen - dafür ist das Buch, so wie es die Taten seiner bösen Hauptfigur Nathan sind, zu sehr eine Kopie. Spannung und Gänsehaut sind aber trotzdem garantiert!
Eine Leseprobe gibt es auf der Website von Bastei Lübbe: "Töte mich"