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Michael kann sich nicht an das erinnern, was in den letzten zwei Wochen seines Lebens passiert ist. Tatsache ist, dass er nun im Krankenhaus liegt und verfolgt wird. Er sieht gesichtslose Menschen und weiß, dass sie ihm auf der Spur sind. Leider erinnert er sich nicht mehr, welche finsteren Pläne sie verfolgen, doch die Bedrohung, die von ihnen ausgeht, spürt er ganz deutlich. Die Ärzte halten ihn natürlich für verrückt, für schizophren, und weisen ihn deshalb in eine geschlossene Anstalt ein, um seine psychische Störung zu behandeln. Zum Glück gibt es seine Freundin Lucy, die ihn ab und an besucht und ihm eine große Stütze ist. Und auch Doktor Vanek, der Mediziner, der ihn bereits seit mehreren Jahren betreut, sorgt für ihn. Michael kann ihn zwar nicht leiden, aber trotzdem bringt er ihm ein gewisses Grundvertrauen entgegen.
Wirkliche Sorgen machen Michael lediglich alle elektronischen und elektrischen Geräte, die ihn umgeben. Er hat eine ungefähre Vorstellung davon, wie seltsam das auf seine Umwelt wirken muss, aber wenn ein Handy in seiner Nähe schellt, verursacht ihm das geradezu körperliche Schmerzen. Von Fernsehern oder Radioweckern fühlt er sich beobachtet und weiß noch nicht einmal genau zuzuordnen, warum. Doch wie erklärt man seinen Ärzten und Freunden, dass man nicht verrückt und alles real ist, wenn die doch gar keine Bedrohung wahrnehmen. Erst recht glaubt ihm niemand mehr, wenn er von gesichtslosen Menschen spricht. Die einzige Assoziation, die die Polizei hat, ist die des Wellnesskillers, einem Mörder, der seinen Opfern die Gesichter vom Kopf schält. Und könnte Michael nicht wirklich ein Killer sein, schließlich erinnert er sich nicht daran, was er in den letzten zwei Wochen getan hat. Oder ist er in Wirklichkeit nur seinen Wahnvorstellung aufgesessen? Was, wenn die elektronischen Geräte ihn wirklich beobachten und selbst die Ärzte mit den Gesichtslosen kooperieren? Was, wenn er wirklich ein Mörder ist? Michael beginnt nur langsam zu verstehen, trotzdem bleibt die Frage, welche Ängste und welche Menschen real sind und welche nur Einbildung. Ein verworrenes psychologisches Spiel beginnt ...
Mit "Du stirbst zuerst" hat Dan Wells einen Roman verfasst, der auf der gleichen Basis funktioniert wie seine "Serienkiller"-Erfolgstrilogie. Er schreibt von einem Menschen, der eine psychische Störung hat, lässt ihn aus seiner Sicht das Geschehen beschreiben und letztendlich erkennen, dass nicht alles, was er erlebt, mit dieser Krankheit zu tun hat. Als finalen Auflösungs-Aspekt verwendet der Autor erneut ein mystisches Fantasy-Element. Erstaunlich ist, dass er sich trotzdem nur zu einem kleinen Teil selbst kopiert. Neben den genannten Aspekten wirkt die Geschichte komplett eigenständig und originell. Dan Wells hat seine Idee einzigartig und unglaublich spannend umgesetzt. Wells' große Stärke ist es, den Leser ebenso wie den Protagonisten im Dunkeln tappen zu lassen. Man hat keine Ahnung davon, was real und was Fiktion ist, die Grenzen verschwimmen. Das macht auch die besondere Spannung aus.
Über die Hälfte der Handlung ist in einem kleinen, in sich abgeschlossenen Raum angesiedelt. Sie spielt in einer geschlossenen Abteilung eines Krankenhauses, die der Protagonist nicht verlassen kann. Trotz dieser starken Beschränkung gelingt es dem Autor, die Geschichte voranzutreiben und die Handlung spannend zu halten, sie hat nur wenige Längen und man kann als Leser eine Seite nach der nächsten verschlingen, ohne dass es langweilig wird.
Als kleine Schwäche dieser Ausgabe, für die aber lediglich der Verlag verantwortlich ist, erweist sich die Optik des Buches. In seiner gesamten Aufmachung, von der Schriftart bis hin zum ungewöhnlichen Schnitt, ist es an die "Serienkiller"-Trilogie angelehnt. Selbst der Titel ist ähnlich und passt im Gegensatz zum Original "The Hollow City" noch nicht einmal zum Inhalt. Hier hätte man sich doch etwas mehr Individualität und Eigenständigkeit gewünscht, die nicht nur auf gute Verkaufszahlen abzielt.
Fazit: Wer Dan Wells "Serienkiller"-Romane mochte, wird auch "Du stirbst zuerst" sehr mögen. Seine unverwechselbare Art, Spannung aufzubauen und den Leser in eine psychisch einzigartige Welt voller bedrückender Geheimnisse mitzunehmen, sorgt für einige Stunden prickelnden Lesevergnügens.
Der Verlag hält auf seiner Webseite eine Leseprobe bereit.