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Nicht zuletzt dank Philippa Gregorys Bestseller-Erfolg
"Die Schwester der Königin" und der amerikanischen TV-Serie "The Tudors" erfreuen sich Romane, die in der Herrscherzeit Henrys VIII. und seiner Töchter spielen, seit einigen Jahren großer Beliebtheit. Rebecca Gablé hingegen gilt als die beliebteste deutsche Autorin von Romanen über das englische Mittelalter. Diese beiden Garanten für gute Unterhaltung werden in Gablés neuem Roman, "Der dunkle Thron", vereint.
Auch wenn der Protagonist des Romans, Nick of Waringham, eine fiktive Figur ist, so verwebt die Autorin dessen Lebensgeschichte eng mit der von historischen Persönlichkeiten wie Prinzessin Mary, Henrys Tochter aus seiner Ehe mit Katharina (hier: Catalina) von Aragón. Während Nick eigentlich darum kämpft, das heruntergewirtschaftete Gut, das er von seinem Vater zum Missfallen seiner verhassten Stiefmutter geerbt hat, wieder aufzubauen, ist es seine Freundschaft zu Mary Tudor, durch die er sich selbst in die politischen Verwicklungen verstrickt, die England in Unruhe stürzen. Er erlebt hautnah den Machtkampf des egozentrischen Regenten mit, der aus einer Leidenschaft heraus mit dem Papst von Rom bricht. Durch seine Ehe mit Anne Boleyn ebnet er der Glaubensreform in England den Weg. Doch dies ist eine Reform, das macht Rebecca Gablé deutlich, die bereits lange im Untergrund schwärt, ehe Henry und Anne sich das zu Nutze machten. Nick selbst begegnen wir zu Anfang des Hörbuchs als treuem Katholiken, der nicht verstehen kann, weshalb sein Vater die jahrhundertealten kirchlichen Lehren kritisch beäugt. Erst nach dessen Tod, als er die Möglichkeit hat, in den verbotenen Büchern des Vaters zu studieren, wird ihm klar, wie sehr die katholischen Priester das Wort Gottes missbrauchen, um das Volk klein zu halten und zu melken. Sein Festhalten an seinen Glaubensgrundsätzen und seinen Prinzipien ist es, das ihn über die Jahre hinweg immer wieder in Lebensgefahr bringt …
Obwohl "Der dunkle Thron" bereits der vierte Teil von Rebecca Gablés beliebter Waringham-Saga ist, kommen auch jene Zuhörer problemlos mit, die keinen der vorhergehenden Romane kennen. Die Autorin erzählt eine auf eigenen Füßen stehende Geschichte. Da ist es überraschend und willkommen, dass sie ausgerechnet die von den Geschichtsbüchern als "Bloody Mary" verschriene Tudor-Prinzessin in einem angenehmen – wenn auch etwas zu unschuldigen – Licht zeichnet. Denn dadurch hebt sich "Der dunkle Thron" von zahlreichen anderen Mittelalter-Romanen ab.
Was man Rebecca Gablé dennoch etwas ankreiden kann, ist, dass sie ihre Figuren ein wenig zu eindimensional anlegt: Henry Tudor ist ein grausamer Monarch, seine Tochter Mary das unschuldige Opfer. Über den Roman hinweg bleiben Nicks Stiefmutter und Stiefschwester böse Hexen, der Protagonist selbst freilich jederzeit ritterlich. Das mag entschuldbar sein, da wir die Handlung durch die Augen ihres fiktiven Charakters Nick of Waringham betrachten, ein bisschen enttäuschend bleibt es dennoch. Gerade im sehr privaten Umgang zwischen Nick und seiner Stiefmutter wäre ein wenig Charakterentwicklung schön gewesen; ein Bruch im Verhalten beider Kontrahenten hätte beide etwas menschlicher gemacht.
Da ist es wohl Rebecca Gablés angenehmer Erzählweise zuzuschreiben, dass man darüber großzügig hinwegsieht. Trotz etwas stereotyper Figuren zieht die Handlung den Zuhörer in ihren Bann und die fünfzehn Stunden Laufzeit vergehen wie im Flug. Auch wenn man an der einen oder anderen Stelle deutlich spürt, wo der Kürzer die Schere angesetzt hat, ist dies nicht schlimm, stutzt er doch das Epos auf ein im Hörbuch leichter verdauliches Maß. Detlef Bierstedt, nicht umsonst ein beliebter Synchron- und Hörbuchsprecher, liefert auch hier eine gelungene, wenn auch nicht überragende Leistung ab. Nachdem er zu Anfang des Hörbuchs etwas durch die Textzeilen zu hetzen scheint, findet er sowohl für Rebecca Gablés Geschichte als auch für Nick of Waringham den richtigen Ton. So macht englisches Spätmittelalter im Hörbuch richtig Spaß!
Eine Hörprobe findet man hier.