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Harold ist ein Eigenbrötler und ganz zufrieden so. Am besten geht es ihm, wenn sein Tagesablauf geregelt bleibt, wenn keiner ihn irritiert und nichts Unvorhergesehenes passiert. Alles ist bestens, bis er gefeuert wird. Ab da geht alles schief: Die neue Nachbarin, eine alleinerziehende Mutter, lädt ihren kleinen Sohn bei Harold ab, da dieser ja sowieso daheim ist. Und Melvin ist alles andere als ein pflegeleichtes Kind. Als Savant, hochbegabtes Genie, weiß er viel mehr als andere Kinder seines Alters, sogar mehr als die meisten Erwachsenen, denen er im Verlauf der Geschichte begegnet. Nur wer sein Vater ist, das weiß er nicht. Und beim Lösen dieses Rätsels soll Harold ihm helfen. Zusammen brechen die beiden merkwürdigen Menschen auf zu einer Reise mit ungewissem Ausgang.
Harold, dessen einziger Zeitvertreib es ist, sich umzubringen - gar nicht unähnlich einem gewissen Harold der Filmgeschichte. Da hören die Anklänge an andere Werke, seien es Bücher oder Filme, noch nicht auf. Der aufmerksame Leser wird verschiedene Bezüge bemerken, die aber so offen sind, dass man sie auch mit bösem Willen nicht als Plagiate auslegen kann.
Zwei merkwürdige Charaktere vereint der unbekannt bleibende Autor hier: zum einen den am liebsten für sich bleibenden Harold, dem Abweichungen in seinem Leben ein Gräuel sind. Zum anderen Melvin, den hochbegabten, autistischen Jungen, der unbedingt seinen Vater kennen lernen will und Harold dafür aus seiner Zurückgezogenheit zieht, sehr gegen dessen Willen.
Die Protagonisten sind so ungewöhnlich und überzeichnet, dass man auf keinen Fall mit ihnen mitfühlen oder ihre Aktionen nachvollziehen kann. Als Leser betrachtet man sie eher, sieht ihren Handlungen zu und schmunzelt hin und wieder über die Situationen, in die Melvin Harold zieht. Eins muss man dem Autor lassen: Abwechslungsreich sind die Szenarien, wie der hochbegabte Junge den eher einfältigen älteren Mann unter Druck setzt und in immer wieder neue Situationen bringt, mit denen er sich auseinandersetzen muss, ohne es zu wollen. Sei es ein Pferderennen, eine Kneipe voller Hooligans, ein Boxkampf, eine Fahrt ans Meer. Ob Melvin am Ende des Buchs sein Ziel erreicht und seinen Vater findet, ist fast schon nebensächlich angesichts der skurrilen Ereignisse.
Auch wenn es abgedreht wirkt, was dem Autor hier alles einfällt, und alles nicht unbedingt schlüssig und nachvollziehbar ist, macht es schon Spaß zu lesen, was dem "Einzlkind" hier so einfällt. Eine Idee nach der anderen feuert er ab. Dass die meisten davon nicht einzigartig sind, ist nicht weiter schlimm. Schon eher, dass der Witz der Charaktere sich im Verlauf der Handlung abnutzt. Es ist nicht dauerhaft lustig, einen neunmalklugen Jungen und einen einfältigen Mann dabei zu verfolgen, wie sie wider Willen zusammen um die Häuser ziehen, mit einem großen Ziel vor Augen. Die Versprechungen, die dieses Setting und die Suche nach dem unbekannten Vater bieten, werden leider nicht erfüllt und nach und nach verblasst der Reiz, der anfangs durchaus existiert.
"Harold" ist ein amüsantes Buch, das man allerdings schnell satt haben kann. Überwiegend sind die Einfälle nicht unverbraucht und neu, so dass der Leser fast schon mehr Spaß daran haben kann, die einzelnen Bezüge zu anderen Büchern oder Filmen zu entdecken. Zwar auch eine sinnvolle Beschäftigung, aber bestimmt nicht die ursprünglich vom Autor vorgesehene.