Es ist eine schreckliche Situation, in die Miriam Sänger gerät, als sie sich mit dem Auto auf den Weg nach Hause begibt. Denn ohne auch nur im Geringsten auf etwas derartig Abnormes gefasst zu sein, beginnen sich plötzlich die Bäume am Straßenrand zur Fahrbahn zu neigen, um mit riesigen Händen nach ihr zu greifen. Doch als wäre das nicht genug des Horrors, platzt kurz danach die Straße vor ihr auf und heißer Asphalt platscht auf die Windschutzscheibe. Szenen, wie aus einem Katastrophenfilm und doch weiß Miriam, dass es keine Träume sind, die sie an ihrem Verstand zweifeln lassen.

Nele Kaminer, eine Frau deren Job es ist, in den dunkelsten Abgründen menschlichen Verhaltens zu schauen, muss auf einem Fortbildungsseminar erkennen, das es mehr Psychopathen gibt, als sie es jemals für möglich gehalten hat. Denn nach Angaben der referierenden Psychologin und Fallanalytikerin Dr. Barabara Sternberg leiden vier von hundert Menschen an einer antisoziale Persönlichkeitsstörung. Eine erschreckende Zahl, die der junge Hauptkommissarin der Kripo Lüneburg einen Tag später deutlich vor Augen geführt wird, als sie vor den Fragmenten einer weiblichen Leiche steht.

Der ehemalige Mitarbeiter des BKA, Alexander Seitz, schlägt sich nach seiner unehrenhaften Entlassung aus dem Polizeidienst mit einer Vielzahl an kleinen Aufträgen herum, die ihm als Privatdetektiv den nötigen Lebensunterhalt verschaffen. So beschäftigt er sich seit Neuestem mit dem Verschwinden eines jungen Mädchens, das nach den Annahmen der Eltern von zu Hause ausgerissen ist. Doch als der erfahrene Detektiv das Zimmer der verschwundenen Jugendlichen durchsucht, stößt er auf Hinweise, die schonungslos offenbaren, dass die Achtzehnjährige in dubiosen Internetforen sehr aktiv gewesen ist.

"Bleicher Tod" ist nach "Tief im Wald und unter der Erde" der zweite Fall von Hauptkommissarin Nele Karminter, die gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin, Oberkommissarin Anouschka Rossberg, für die Kripo in Lüneburg ermittelt. Doch die Beziehung der beiden toughen Frauen wurde bereits auf eine harte Probe gestellt, als Annouschka in die Hände eines Psychopathen geriet. Von den traumatischen Ereignissen noch immer beeinflusst, versucht die junge Kommissarin aufs Ganze zu gehen und erneut zu beweisen, dass der Irre ihr nichts anhaben konnte. Ein Trugschluss, den nur ihre Freundin Nele durchschaut, es aber nicht schafft, Anouschka vor einer erneuten Gefahr zu retten.

Spannende Szenen, wie es viele in dem dramatisch verlaufenden Thriller des deutschen Autoren Andreas Winkelmann gibt, der es wunderbar versteht, das Grauen in Worte zu fassen. Egal, ob er eine Psychologin über Persönlichkeitsstörungen referieren oder eine junge Frau in einem Schwimmbad um ihr Leben kämpfen lässt. Seine Schilderungen der Ereignisse präsentieren sich dermaßen real, das der Leser zu jeder Zeit von ihnen gefangen wird. Einzig und allein die Tatsache, dass der Plot insgesamt etwas konstruiert erscheint, lässt ihn glücklicherweise immer wieder einmal aufatmen.

Fazit:
"Bleicher Tod" ist ein lesenswerter Thriller mit einer sympathischen Kommissarin und viel Spannung, der es durchgängig versteht, seine Leser zu fesseln.