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Der Dichterfürst und die Frauen: ein wahrlich vielgestaltiges Thema, fesselten Frauen Goethe doch bekanntlich bis ins hohe Alter: "Äugelchen", wie seine spätere Frau Christiane und er das Flirten nannten, gehörte unabdingbar zu seinem Leben und inspirierte ihn zu mancher Frauenfigur in seiner Dichtung.
In "Goethes Frauen" entwirft Prof. Dr. Joseph Kiermeier-Debre, Dozent für Neuere Deutsche Literatur an der Universität München, 44 Porträts von Frauen, mit denen Goethe entweder unmittelbaren Umgang pflegte, oder die er selbst schuf – als Protagonistinnen in seinen Werken. Die erste unter ihnen ist Goethes Mutter, die letzte seine Schwiegertochter Ottilie, die seinen Sohn geheiratet hatte, um dem verehrten Dichter nahe zu sein. Manche der Damen kennt jeder Leser aus dem Deutschunterricht, neben der bereits erwähnten Christiane Vulpius zum Beispiel Charlotte Buff, die als Vorlage für die Lotte im "Werther" diente, oder Goethes langjährige enge Freundin Charlotte von Stein und Ulrike von Levetzow, in die er sich im Alter noch verliebte – aber natürlich auch das Gretchen aus dem "Faust", Dorothea aus "Hermann und Dorothea", das Clärchen aus "Egmont", Iphigenie und viele andere Figuren aus Goethes Werk. Man findet zudem auch die Damen aus dem Weimarer Fürstenhaus, mit dem Goethe eng verbunden war, und seine Schwester Cornelia unter den Porträtierten.
Es sind also naturgemäß ganz unterschiedliche Frauen, die Goethe gewissermaßen in Dichtung und Wahrheit umgaben und ihn prägten. Sie zogen ihn an und bewegten ihn nicht selten auch wieder zu überstürzter Flucht; Verlobungen bekamen ihm nicht.
Die realen Damen treten in diesem Buch in der Reihenfolge auf, in der sie in Goethes Leben traten; hingegen hat der Autor die fiktiven Figuren entweder passend zu ihren lebenden Vorbildern eingefügt oder, wenn keine unmittelbare Vorlage existiert, in den zeitlichen Kontext gesetzt. So ergibt sich eine sehr stimmige, gut nachvollziehbare Reihenfolge. Eingeleitet werden die je nach Bedeutung und vorhandenem Material zum Teil recht unterschiedlich langen Portraits von Goethes Damen – die meisten umfassen acht bis zehn Seiten – durch ein kleines Bild und die Lebens-Eckdaten, dann folgen die so lebendig und abwechslungsreich wie informativ verfassten Kurzbiographien. Deren Schwerpunkt liegt natürlich auf der jeweiligen Beziehung, wie auch immer diese geartet war, zu Goethe oder, bei den fiktiven Figuren, ihrer Bedeutung innerhalb des jeweiligen Werks. Was die realen Personen angeht, so erfährt der Leser auch, wie sie ihre Zeit "nach Goethe" verbrachten. Zitate aus Briefen und aus Goethes Werk ergänzen die Erläuterungen.
Es gelingt dem Autor, diesen "Reigen" so zu gestalten, dass dem Leser nicht langweilig wird und er in jedes sensibel und sorgfältig erstellte Lebensbild neu und voller Interesse eintaucht. Darüber hinaus vermag Kiermeier-Debre aufzuzeigen, dass man Goethes Werk wesentlich besser einschätzen und wohl auch verstehen kann, wenn man die Frauen kennt, die den leicht entflammbaren Dichter inspirierten. Auch die Portraits der Roman- und Dramenfiguren wurden umsichtig erstellt; der Autor umreißt stets die dazugehörige Handlung, sodass auch Leser, die das ein oder andere Werk Goethes nicht kennen, von der jeweiligen Darstellung profitieren und sich darüber hinaus vermutlich anregen lassen, die Lektüre nachzuholen.
Ein bestens gelungenes Werk, das zu lesen sich für Literaturfreunde definitiv lohnt!
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