Thilo Sarrazins Thesen wurden heiß diskutiert. Viele stimmten ihm zu, viele widersprachen ihm, andere wiederum akzeptierten manche Ansichten, allerdings nicht in der Ausgeprägtheit. Jürgen Bertram gehörte zur zweiten Gruppe. In seiner Straße in Hamburg leben viele Migranten, deren Wurzeln in allen möglichen Ländern liegen. Er beschränkt sich aber in "Onkel Ali & Co." nicht auf türkischstämmige Migranten, sondern widmet sich Menschen mit verschiedenster Herkunft.
Um das negative Bild vom Einwanderer, der Deutschen die Arbeitsplätze wegnimmt, zu widerlegen, nahm sich der frühere Fernsehkorrespondent die Zeit, mit seinen Nachbarn lange Gespräche zu führen. Es geht um die Einreise, die Familiengeschichte, die Schwierigkeiten, die Deutschland für Migranten bereit hält und wie der Alltag ist, wenn man auch nach Jahren noch als Ausländer betrachtet wird.

Jürgen Bertram hat die Diskussion um Sarrazins Buch als Grundlage genommen, um seine Nachbarn zu ihrer Geschichte zu befragen. Dabei befragt er den türkischen Ladenbesitzer genauso wie den asiatischen Fischhändler. Die Geschichten, die er erzählt, sind einzigartig und sich doch so ähnlich. Es geht um Entbehrungen und Verfolgung im Heimatland, Hoffnung auf ein besseres Leben und der Wille, sich etwas zu erarbeiten. Dabei verschweigt Bertram nicht, dass es auch Probleme geben kann, wo viele Kulturen aufeinander treffen und zusammen leben. Allerdings geht er so behutsam zu Werke, dass viel Verständnis seitens des Lesers geweckt wird. Zum Glück sind seine Erzählungen frei von verklärender Romantik, Bertram leugnet nicht, dass gewisse Problembezirke ganz bestimmt kein friedliches Zusammenleben verschiedener Kulturen sind. Aber eben nicht alle. So erhält der Leser ein umfassendes Bild und einen tiefgehenden Einblick in das Leben "der Anderen".

Bertram schreibt die Geschichten, die seine Nachbarn ihm und seiner Frau in langen Gesprächen erzählten, gut lesbar und einfühlsam nieder, so dass dieses Buch eine bunte Sammlung unterschiedlichster Schicksale bildet.
"Onkel Ali & Co." ist daher ein Sammelsurium, das dazu einlädt, auch die eigenen Nachbarn nach ihrer Geschichte zu befragen.