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Glen Garber führt ein glückliches Familienleben - auch wenn es gerade einige finanzielle Engpässe gibt, ist er zufriedener Chef seiner eigenen Baufirma, hat eine bezaubernde Frau und eine aufgeweckte siebenjährige Tochter. Alles ändert sich schlagartig, als Glens Frau Sheila eines Abends nicht wie gewohnt nach Hause kommt. Außer sich vor Sorge macht Glen sich auf die Suche nach ihr - und muss erfahren, dass Sheila bei einem Autounfall ums Leben kam. Zuvor hatte sie sich offenbar betrunken, ihr Auto auf einer vielbefahrenen Straße abgestellt und damit nicht nur ihren eigenen Tod, sondern auch den von einem Familienvater und seinem Sohn verursacht.
Glen ist fassungslos. Ist alles, was er von Sheila zu wissen glaubte, bloß eine Illusion? War seine Frau Alkoholikerin, ohne dass er es bemerkte? Als immer mehr Ungereimtheiten auftauchen und eine gute Freundin von Sheila unter ungeklärten Umständen ertrinkt, beginnt Glen, Fragen zu stellen und den Verlauf der Ereignisse anzuzweifeln. Damit begibt nicht nur er sich in Lebensgefahr, auch seine kleine Tochter Kelly gerät ins Visier skrupelloser Krimineller ...
Linwood Barclay ist ein Garant für spannende Thriller, in denen (vermeintlich) völlig unvorhergesehen das Unglück über ganz normale Mittelstandsfamilien hereinbricht. So auch in "Weil ich euch liebte" - im einen Moment führt Protagonist und Ich-Erzähler Glen Garber noch ein völlig normales Leben, im nächsten ist er Witwer, alleinerziehender Vater und sieht sich mit dem Vorwurf konfrontiert, seine Frau Sheila sei eine Säuferin gewesen, die das Leben von zwei unschuldigen Menschen auf dem Gewissen habe. Nach und nach findet Glen heraus, dass auch in seiner Nachbarschaft nicht alles so harmlos und freundschaftlich läuft, wie er dachte - jeder scheint dunkle Geheimnisse zu haben und sogar seine engsten Bekannten und Mitarbeiter sind in illegale Machenschaften verstrickt.
Mit Glen Garber hat der Autor eine Hauptfigur geschaffen, die fast zu nett und unbescholten wirkt. Zwar hat der zupackende, fleißige Familienvater durchaus schon mal Einnahmen am Finanzamt vorbeigeschmuggelt, aber das war's auch. Mit dem uramerikanischen Protagonisten, der redlich und ehrlich ist und ein bisschen naiv aus allen Wolken fällt, als ihm die Geschehnisse um ihn herum klar werden, funktioniert die Geschichte aber auch ziemlich gut.
Barclays Konzept "Wie viel weißt du wirklich von deinen Nachbarn, Freunden und Bekannten?" geht erneut wunderbar auf. Der Thriller ist spannend und flüssig erzählt und bringt vor allem zwei interessante und hochaktuelle Themen ins Spiel: Die Finanzkrise in den USA, die zu der Zeit, als der Roman erschien, auf ihrem Höhepunkt war, und der Handel mit illegal kopierten Produkten, seien es nun Markenklamotten, Medikamente oder sonstiges. Nahezu jeder Leser dieses Romans dürfte schon mal eine unseriöse Mail erhalten haben, in dem Viagra und sonstige Arzneimittel zu unschlagbaren Preisen angeboten werden. Linwood Barclay greift dieses Thema auf, spitzt es zu und macht dadurch deutlich, dass illegale Kopien von allerlei Dingen keineswegs so harmlos sind, wie man gerne glauben mag. Dieses Thema hat der Autor dann schlüssig mit der Finanzkrise und ihrer Auswirkung auf die amerikanische Mittelschicht verknüpft: In Glens Umfeld scheint auf einmal alles auseinander zu brechen. Freunde stehen plötzlich vor ihrem leergeräumten Haus, weil sie Rechnungen und Hypotheken nicht mehr bezahlen konnten; Menschen greifen zu verzweifelten Maßnahmen, um sich und ihre Familien durchzubringen. Wie weit würde man gehen, wenn man kurz vor dem Ruin steht? Glen Garber muss die leidvolle Erfahrung machen, dass die meisten Menschen sehr, sehr weit gehen würden.
"Weil ich euch liebte" ist ein spannender Thriller, der bis zum Ende immer wieder mit überraschenden Wendungen aufwarten kann und dadurch bis zur allerletzten Seite fesselt. Nach der Lektüre wird man sich zum einen fragen, wie gut man seine Nachbarn, Freunde, Arbeitskollegen und Verwandten wirklich kennt - und zum anderen den täglichen "Buy cheap Viagra $$$!"-Spam mit anderen Augen sehen.
Eine Leseprobe gibt es hier auf der Verlagswebsite.