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Der belgische Comic-Zeichner Pierre Culliford, besser bekannt unter seinen Pseudonym Peyo, ist vor allem durch seine Schlümpfe bekannt geworden, die sich über Jahrzehnte zu einem weltweiten Phänomen aus Comics, Zeichentrickserie, Kinofilm, Hörspiele, dem legendären Schlumpflied und einer gewaltigen Menge anderer Merchandising-Artikel entwickelt haben. Doch der Ursprung der blauen Gesellen lag in einer ganz anderen Comicreihe des Künstlers begründet, nämlich den Geschichte des Pagen Johann und seines Begleiters Pfiffikus. Der Toonfish-Verlag hat nun damit begonnen, alle "Johann und Pfiffikus"-Alben als Gesamtausgabe in Sammelbänden zu veröffentlichen, deren erster Band nun vorliegt.
"Der Page des Königs" ist der simple Titel des 176 Seiten umfassenden Wälzers mit Hardcovereinband. Und tatsächlich war Johann in seinen ersten Abenteuern noch auf sich alleine gestellt, erst in "Der Kobold aus dem Felsenwald", der dritten der hier versammelten drei Geschichten, erhält er seinen kurzgewachsenen Begleiter zur Seite gestellt. Doch der Reihe nach:
Der Band beginnt mit einem 27-seitigen Kurzabriss von Peyos Leben und Werk, natürlich mit Schwerpunkt auf der Entwicklung der "Johann und Pfiffikus"-Reihe. Das Ganze wird illustriert von jeder Mange Konzeptskizzen und Ausschnitten aus Peyos frühen Comicstrips.
Darauf folgt mit "Bösenbergs Racheschwur" das erste Abenteuer Johanns, in welchem er verhindern muss, dass der hinterhältige Ritter von Bösenberg seine Pläne zur Eroberung der Königsburg in die Tat umsetzt. Der Zeichenstil dieser Geschichte unterscheidet sich noch sehr stark von den späteren "Johann und Pfiffikus"-Geschichten, die Figuren sind eckiger und simpler gehalten, gerade Johann wirkt hier noch sehr knabenhaft. Auf Seite 43 der Geschichte findet sich zudem eine so genannte ausgefallene Seite, die aufgrund der Darstellung von Folter wegen Furcht vor Zensur bei der Erstveröffentlichung im Jahr 1953 herausgenommen wurde. Zwar ist die Szene sehr humorvoll dargestellt, jedoch kommen dem heutigen Leser beim Betrachten der Bilder ungute Erinnerungen an die Waterboarding-Vorfälle in Guantanamo.
Insgesamt handelt es sich hier um eine klassische Geschichte um einen bösen Ritter, dessen finstere Pläne vereitelt werden müssen. Außerdem wird hier die Grundlage für Johanns Stellung am Hofe des Königs gelegt, da er vom einfachen Pagen zum Helden aufsteigt.
"Der Herr von Burg Eckstein" führt den Leser weg vom Schloss des Königs in das Lehen des Barons von Eckstein. Dessen ältester Sohn Hugo kehrt von einer dreijährigen Reise zurück, nur um die Burg des angeblich verstorbenen Vaters in den Händen seines trunksüchtigen Bruders vorzufinden. Als ihn finstere Gestalten entführen wollen, beginnt er zu ahnen, dass mehr hinter der ganzen Sache steckt. Doch zum Glück steht ihm Johann als treuer Helfer für Recht und Ordnung zur Seite.
Man merkt dieser zweiten Geschichte die Progression im Zeichenstil Peyos deutlich an, vor allem Johann hat sich sehr stark weiterentwickelt und ähnelt nun stark der Figur, die er schließlich werden wird. Doch auch die erzählte Geschichte ist alles andere als banal. So lässt Peyo den Leser anfangs im Unklaren, wo und in welchem Zusammenhang Johann auftauchen wird oder ob er hier nur eine Nebenrolle einnimmt. Das ist nicht der Fall, im Gegenteil: Aus dem mutigen, aber einfachen Pagen von "Bösenbergs Racheschwur" ist ein selbstbewusster junger Mann geworden, der sich - obwohl nur auf der Durchreise - auf eigene Faust entschließt, das Mysterium um Burg Eckstein aufzuklären.
"Der Kobold aus dem Felsenwald" schließlich ist die Premiere für Pfiffikus. Im Felsenwald geht ein Kobold um, der mit seinen üblen Streichen alle Leute das Fürchten lehrt. Als Johann dem Geheimnis nachgehen will, stellt er fest, dass der kleinwüchsige Pfiffikus zwar ein Tunichtgut, aber sicher kein Kobold ist. Der gutmütige Page will den Unruhestifter rehabilitieren und dem König vorschlagen, ihn zum Hofnarren zu machen. Doch dann wird Prinzessin Anne, die Nichte des Königs, entführt. Dass die Entführer den armen Pfiffikus dafür verantwortlich machen, kann dieser natürlich nicht auf sich sitzen lassen. Gemeinsam mit Johann macht er sich auf die Suche nach der entführten Prinzessin.
Was als Koboldgeschichte mit leicht übernatürlichem Charakter beginnt, entpuppt sich als Mission zur Geiselbefreiung. Erstmals dabei ist Pfiffikus, der eine ganz eigene komödiantische Note in die Geschichte einbringt, jedoch auch sinnvoll und hilfreich agiert. Hier hat Peyo das richtige Maß zwischen Humor und Spannung gefunden, das bei derartigen Heldenkombinationen oftmals fehlt.
"Johann und Pfiffikus Gesamtausgabe 1 - Der Page des Königs" ist ein Sammelband mit drei sehr unterschiedlichen und dadurch auch abwechslungsreichen Geschichten, die dokumentieren, dass Peyo das Geschichtenerzählen schon vor den Schlüpfen exzellent beherrscht hat. Die Abenteuer des mutigen Pagen sind wunderschön konzipierte Comics, die eine pseudo-mittelalterliche Welt voller Abenteuer darstellen. Im Gegensatz zu beispielsweise "Prinz Eisenherz" ist "Johann und Pfiffikus" wesentlich unbeschwerter und dadurch auch für jüngeres Publikum geeignet. Man darf auf die kommenden Bände gespannt sein, die vorliegende erste Veröffentlichung ist jedenfalls ein gelungener Appetitanreger.
Eine Leseprobe gibt es hier auf der Verlagsseite.