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 Griechenlands Makedonische Frage

Bürgerkrieg und Geschichtspolitik im Südosten Europas, 1945-1992


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Mit griechischer Geschichte wird normaler Weise die Antike assoziiert. Athen, Sparta, der Kampf gegen die Perser, große Persönlichkeiten wir Aristoteles oder Alexander der Große, das sind die Schlagworte griechischer Geschichte. Im 20. Jahrhundert wissen wir allenthalben noch vom Zypernkonflikt mit der Türkei. Der Konflikt Griechenlands mit seinem nördlichen Nachbarn "Makedonien" kommt nur selten in dem Medien vor. Doch dieser Streit, der sich vor allem um den Namen Makedonien dreht, hat eine lange Vorgeschichte, die sich um die Frage dreht, ob Makedonien ein historischer Teil des hellenistischen Griechenlands oder eine eigenständige Nation mit eigener Kultur und Geschichte ist.

Adamantios Skordos Buch "Griechenlands Makedonische Frage" behandelt die Geschichtspolitik des Staates zwischen dem zweiten Weltkrieg und den 1990er Jahren, stets bezogen auf den Stellenwert, den Makedonien dabei einnahm. Die Lektüre soll unter anderem helfen, die nationalistische Welle, die in Griechenland nach dem Ende des Ostblocks und der Auflösung Jugoslawiens hoch kam, zu erklären. Das Buch erzählt nicht die Ereignisgeschichte dieser Jahre, sondern die Diskurse und ihre Veränderung durch die einzelnen Phasen der griechischen Geschichte.

Nach einer Einleitung, in der Methodik, Quellenlage und Forschungsziel umrissen werden, folgen fünf Abschnitte in weitgehend chronologischer Reihenfolge. So werden für die Jahre des Bürgerkriegs 1945 bis 1949, für die Jahre der Diktatur bis 1974, für die postdiktatorische Phase bis 1991 und schließlich für die ersten Jahre der 1990er jeweils die geschichtspolitischen und diskursgeschichtlichen Rahmenbedingungen und Frontverläufe dargestellt. Ein Abschnitt beschäftigt sich mit der griechischen Diaspora in den USA und Australien, die sich ebenfalls mit der makedonischen Frage beschäftigte.

In jeder Phase der griechischen Geschichte wurde die Makedonienproblematik anders behandelt. Im Bürgerkrieg und unter der Diktatur wurde von der politischen Rechten und von staatlicher Seite ein Diskurs forciert, der jegliche Eigenständigkeit Makedoniens ausschloss. Alexander der Große und alle seine Nachfolger seien demnach Hellenen. Dieser radikale Diskurs sollte alle Versuche der nördlichen Nachbarn Griechenlands, eine eigenständige makedonische Nation zu schaffen, zunichte machen. Abweichungen von diesem Standpunkt, beispielsweise durch die Kommunisten wurde als Landesverrat begriffen. Ab 1974 - nach der Diktatur - ging es darum, die Nation wieder zu einen. Die Kommunisten wurden nach dem verlorenen Bürgerkrieg und der Diktatur wieder rehabilitiert. Gleichzeitig sollten aufgrund des ausbrechenden Zypernkonfliktes die Beziehungen zu den nördlichen Nachbarstaaten verbessert werden. Der Makedoniendiskurs wurde daher weitgehend beendet und verdrängt.

Als Anfang der 1990er Jahre allerdings Jugoslawien zerfiel und sich ein unabhängiger Staat Makedonien an der Grenze zu Griechenland konstituierte, kamen die alten Ängste um die territoriale Integrität wieder auf. Eine nationalistisch-chauvinistische Welle überkam das Land, die Tausende zu Demonstrationen mobilisierte und die öffentliche Debatte fast vollständig einnahm. Der neue Staat sollte seinen Namen aufgeben und die griechischen Sicherheitsinteressen anerkennen.

Das Buch endet mit einem Abkürzungsverzeichnis und einem Quellen- und Literaturregister.

Adamantios Skordos Buch "Griechenlands Makedonische Frage" ist eine spannende Lektüre, die hilft zu verstehen, wie sich zwei Staaten nur aufgrund eines Namens in einem inzwischen Jahrzehnte langen diplomatischen Konflikt befinden können. Es zeigt, wie wichtig geschichts- und erinnerungspolitische Diskurse Einstellungen und Identitäten beeinflussen und schaffen können. Es ist interessant, wie gerade in den Bürgerkriegsjahren versucht wurde, von griechischer Seite jegliches Aufkommen eines makedonischen Nationalgefühls zu verhindern, während die nördlichen kommunistischen Staaten eine eigenständige makedonische Nation versuchten zu konstruieren. Die Makedonier selbst waren Ziel dieser Politik.

Das Buch ist verständlich und sehr anschaulich geschrieben. Sehr viele Zitate und Bildmaterial fundieren die Schlussfolgerungen und Analysen des Autors. An einigen Stellen hätte der Skordos sogar auf das ein oder andere Zitat verzichten können, ohne dass Überzeugungskraft verloren gegangen wäre. Es handelt sich ohne Frage um eine intensiv recherchierte, spannende und überzeugende Studie.

Sie ist allerdings für Menschen geschrieben, die einiges an Vorwissen mitbringen oder bereit sind, sich die ereignisgeschichtlichen Grundlagen parallel anzulesen. Der Autor verzichtet bewusst auf diese Grundlagen, um mehr Raum für sein eigentliches Forschungsanliegen zu haben. Folglich geht es dem Autoren auch nicht darum die Politik der einzelnen Akteure zu bewerten, sondern nur darum die Wirkungen ihrer Öffentlichkeitsarbeit, seien es Artikel, Bücher, Reden oder sonstiges, zu untersuchen. Diese Konzentration auf das für seine Fragestellung Wesentliche war erfolgreich.

Daher ist die Lektüre allen empfohlen, die sich entweder für Geschichtspolitik und ihren möglichen Wirkungen oder aber für die Geschichte Südosteuropas im 20. Jahrhundert interessieren.

Andreas Schmidt



Hardcover | Erschienen: 1. Februar 2012 | ISBN: 978-3835309364 | Preis: 39,90 Euro | 439 Seiten | Sprache: Deutsch

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