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Für Nicolas Krebs gibt es nichts Schöneres, als in den Archiven des Domkapitels von Trier zu stöbern und die Texte alter Urkunden zu durchforsten. Sein Herr, der Erzbischof, hofft dort Möglichkeiten zu finden, die ihm bei seinen Verhandlungen als Druckmittel oder zur Sicherung seines Einflusses nützlich sein könnten. Allerdings wird Nicolas in seinen Untersuchungen empfindlich gestört, da er vom Dompropst Simeon von Meuren einen Auftrag erhält. Der Zimmermannmeister Herrmann Albrecht ist vom Dach der Stadtkirche St. Gangolf in den Tod gestürzt. Obwohl momentan Bauarbeiten am Dach in Arbeit sind, zweifelt von Meuren an einem Unfall und möchte, dass Nicolas in seinem Auftrag ermittelt, ob es Mord oder Selbstmord gewesen ist.
Keine einfache Aufgabe für einen jungen Juristen, der wenig Kontakte in der Stadt besitzt. Anfangs fragt Nicolas sich bei den Zeugen des Unfalls durch, doch schon hier stößt er auf teilweise widersprüchliche Aussagen. Auch scheint Meister Albrecht nicht nur ein unfähiger Handwerker, sondern ein fleißiger Trinker gewesen zu sein. Wieso hätte der Schöffenmeister Junk vor Kurzem seine Tochter Helena diesem Trinker anvertrauen sollen, wenn es doch bessere Bewerber gab? Und gab es einen versteckten Beobachter, der vielleicht direkter Zeuge des Unfalls gewesen ist? Je tiefer sich Nicolas in die Geschichte verstrickt, desto verwirrender werden die Details. Ebenso scheint sich auch die Gegenseite zu regen, die versucht den eifrigen Gelehrten aus dem Weg zu räumen - koste es, was es wolle.
Der historische Kriminalroman "Schweigende Mauern" von Frank Domeier spielt im späten Mittelalter in Trier. Hier besteht ein enges Geflecht aus Zünften und dem Herrschaftsanspruch der Kirche, sodass Spannungen im Gesellschaftsleben an der Tagesordnung sind. In dieses ohnehin recht angespannte Netz aus Macht, Geld und Einfluss, sticht der junge Gelehrte Nicolas Krebs, als er seine Untersuchungen beginnt. Denn wie er bald merkt, geht es hier nicht allein um einen möglichen Mord, die Sache ist viel weitreichender als man am Anfang denken könnte.
Geschickt versteht es der Autor seine Erzählung und die einzelnen Handlungsfäden zu verflechten, um immer wieder kleine Details aufblitzen zu lassen, die später, aus einem anderen Licht betrachtet, eine ganz neue Bedeutung erhalten können. Ebenso gelingt es ihm, die vergangenen Straßen Triers neu zum Leben zu erwecken. Historische Tatsachen werden nebensächlich in den Text eingewebt, einerseits um das Bild weiter zu vervollständigen, andererseits um dem Leser wichtige Informationen an die Hand zu geben. So ist es ein Genuss und ein Vergnügen von Seite zu Seite zu blättern und das Mittelalter neu zum Leben erweckt zu wissen. Was als kleiner möglicher Mord oder Selbstmord beginnt, entwickelt sich im Laufe der Geschichte zu einer sehr komplexen Untersuchung, deren Auflösung am Ende den Leser zwar überrascht, aber nicht überrumpelt. Dank der vielen Details kann man so auch nach Ende des Buches einige Geschehnisse noch einmal in Gedanken betrachten und neue Schlüsse ziehen.
Wer historische Kriminalromane mag, der erhält mit diesem Buch ein wunderbares und kurzweiliges Lesevergnügen.