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Richard Mayhew ist mit seiner Verlobten Jessica auf dem Weg zu einem wichtigen Arbeitsessen. Sie treffen Mister Stockton und Jessica hofft, dass die Karriere von Richard endlich nach oben führt. Sie sind spät dran, Richard ist wie immer zerstreut und nicht richtig bei der Sache. Immer muss Jessica für ihn denken und handeln. Wenn sie erst verheiratet sind, muss sie Richard stärker beeinflussen - so wird das nichts mit ihm.
Da liegt plötzlich eine völlig verdreckte und ohnmächtige Gestalt vor ihnen auf der Straße. Jessica drängt darauf, weiter zu gehen, denn Stockton wartet vielleicht schon auf sie. Doch Richard bleibt stehen und kniet neben der Gestalt nieder. Es ist eine junge Frau und sie blutet stark. Richard verweigert Jessica die Gefolgschaft. Auch als sie sagt, dass ihre Verlobung gelöst sei, wenn er nicht sofort das Mädchen wieder auf die Strasse lege und mit ihr mitkomme, weigert sich Richard. Ohne nachzudenken trägt er die verletzte Frau in seine Wohnung. Jessica nimmt er nicht mehr wahr.
Doch das Mädchen will keinen Arzt oder Krankenwagen und schläft auf dem Bett liegend ein. Als Richard erwacht, sitzt Door, wie sie sich nennt, neben ihm und lächelt ihn an. Ihre Wunde sieht besser aus, als er erwartet hat. Sorgen macht ihm nur ihr Geisteszustand. Sie spricht von Ober-London und Unter-London und zu welcher "Baronie" diese Wohnung gehören würde.
Als es klingelt, stehen zwei unangenehme Gestalten vor der Tür, die nach dem Mädchen suchen. Ohne sich aufhalten zu lassen, gehen die beiden in die Wohnung, doch sie finden Door nicht, obwohl die Männer sicher zu sein scheinen, dass Door in der Wohnung ist. Richard fühlt sich bedroht und wartet starr vor Angst, bis die beiden verschwunden sind.
Dann spricht Door mit Ratten und nimmt ihn mit nach "Unter-London", einer Welt, die Richard sich in den kühnsten Träumen nicht erdenken könnte. Eine Art Fantasy-Reich, in der völlig andere Gesetze gelten, als in seiner Welt.
Als Richard diese neue Welt wieder verlassen will, stellt er zu seinem Entsetzen fest, dass er in der normalen Welt nicht mehr zu existieren scheint, weder Kollegen noch seine Verlobte nehmen ihn überhaupt wahr, geschweige denn, dass sie ihn erkennen würden.
Wohl oder Übel sucht Richard den Weg nach Unter-London, obwohl dort Mörder und Schlimmeres auf ihn und Door warten.
Neil Gaiman, einem breiten Publikum bekannt als Autor der Comic-Serie "Sandman", die zahlreiche Preise einheimste und als stilbildend für eine neue Art von Comic gilt, beweist in diesem Fantasy-Roman, dass er auch anspruchsvolle Bücher schreiben kann.
Die spannende Geschichte entwickelt ein solch hohes Tempo und hält eine derart knisternde Spannung, dass man sie in einem Zug auslesen möchte. Kaum Atem holend, eilen die Akteure durch eine Welt zu unseren Füssen, die mal ans Mittelalter, mal an einen Alptraum von Stephen King erinnert. Zudem ist sie Krimi, Liebesroman und Fantasy-Geschichte.
Die 365 Seiten sind schnell vorüber und man möchte mehr aus dieser Welt und vor allem von Neil Gaiman lesen.
Veröffentlicht hat der britische Autor inzwischen mehrere Bücher. Bekannt wurde er nach "Niemalsland" vor allem durch seine Gemeinschaftsarbeit mit Terry Pratchett in "ein gutes Omen", einem wunderbar komischen Buch über eine gar nicht so grausame Teufelsbrut.
Doch Furore macht er mit seinem neuen Roman "American Gods", zumindest die Kritiker sind sich einig, dass dieser Roman ein wirklich großer Wurf des Autoren ist.
Dieses Buch ist kein bahnbrechender Roman, kein beeindruckendes Meisterwerk, aber eine solide, spannende Geschichte mit überaus sympathischen Personen, allen voran Richard und Door, den man gelesen haben sollte, wenn man Fantasy mag.
Allerdings sei der Leser gewarnt: Das Killerpärchen, dass seit 400 Jahren die Welt Unter-Londons unsicher macht, ist grausam, sehr grausam. Da wird schon mal angedroht, dem Delinquenten die eigene Leber in den Mund zu stopfen.
Wer diese Anleihen an das Horror-Genre vertragen kann und den ironisch-sarkastischen Umgang mit Menschenleben aushält, den wird es vor Spannung und "mitleiden" schier in den Sessel drücken. Das metaphysische Ende der Geschichte ist allerdings Geschmacksache, mir sagte es nicht zu, doch tut das der guten Geschichte keinen Abbruch. Ich jedenfalls war begeistert, die kleineren Schwächen verzeiht man da gerne!