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Ein tragisches Unglück sucht die Familie eines der Charaktere heim: Bei einer Bootsfahrt auf der Themse stirbt der Schwager auf tragische Weise bei dem Versuch, seinen ins Wasser gefallenen Sohn vor dem Ertrinken zu retten. Doch als der Junge wieder zu sich kommt, behauptet er steif und fest, von einem Fremden ins Wasser gestoßen worden zu sein. Im Laufe ihrer Nachforschungen stellen nun die Charaktere fest, dass der Schwager eine Vergangenheit hatte, von der nicht einmal seine Frau etwas wusste. Die Spur führt die Ermittler in die Kreise der russischen Aristokratie, und schon bald sehen sie sich der Gefahr einer Staatskrise gegenüber.
Nach längerer Durststrecke liegt nun mit "Tiefe Wasser" aus der Feder von Jan Christoph Steines die fünfte Abenteuerveröffentlichung für das Detektiv-Rollenspiel "Private Eye" vor. Im Gegensatz zu den bisher erschienenen Fällen handelt es sich diesmal mehr um eine Agentengeschichte, denn um einen Krimi. Zwar wird von den Ermittlern auch hier jede Menge Spürsinn erwartet, doch haben sie es nicht mit Erbschleichern oder Juwelendieben zu tun, sondern mit einer Angelegenheit, die - soviel sei verraten - bis in die höchsten Kreise der Regierung reicht.
Das Abenteuer ist relativ geradlinig aufgebaut: Ausgehend von einer sehr personalisierten Einstiegsszene verlaufen die Ermittlungen der Charaktere nach dem bewährten Prinzip der Schnitzeljagd. Eine Spur führt zur nächsten und am Ende wartet der Bösewicht. Im dritten Teil nimmt das Abenteuer jedoch erneut eine Wendung, die den Fall für die Charaktere zu einer sehr persönlichen Angelegenheit werden lässt.
Dies ist auch einer beiden Gründe, warum sich "Tiefe Wasser" nicht für eine Runde absoluter Rollenspiel- oder "Private Eye"-Neulinge eignet, worauf auch der Autor im Vorwort hinweist. Geht man von der im Abenteuer vorgeschlagenen Einstiegsprämisse aus, wird spätestens zu Beginn des dritten Kapitels mindestens ein Charakter ein sehr persönliches Interesse an der Aufklärung des Falls haben. Der zweite Grund, warum es sich hier um kein Anfängerabenteuer handelt, ist die Tatsache, dass die Ermittler sich auf gefährliches politisches Parkett begeben. In der Zeit des Viktorianismus, wo der persönliche Ruf eines der wichtigsten Güter war, ist dieser Umstand umso brisanter, was von Spielleiter und Spielern ein gewisses Maß an Verständnis für die Gegebenheiten der Zeit erfordert.
Auflösung und Folgen des Abenteuers wurden von Jan Christoph Steines in die realen historischen Begebenheiten eingeflochten, sodass die Geschichte Englands auch mit den Ereignissen von "Tiefe Wasser" ihren gewohnten Verlauf nimmt. Kritiker mögen hier laut "Railroading" schreien, doch gerade in einem Setting wie "Private Eye" kann es eintönig werden, immer nur die Juwelen der Baronin zurückzuholen oder den Mord auf Randall Castle aufzuklären. "Tiefe Wasser" bietet die Gelegenheit, einmal über den Tellerrand des
consulting detective hinauszublicken und ein Abenteuer mit weitreichenderen Folgen zu erleben.
"Tiefe Wasser" ist ein sehr interessantes "Private Eye"-Abenteuer, das über die herkömmliche Detektivgeschichte hinausgeht. Idealerweise sollte es mit einer erfahreneren Gruppe gespielt werden, um sicherzustellen, dass die Spieler bereits ein Bewusstsein für das Setting entwickelt haben und sich dementsprechend verhalten. Einige Aspekte des Abenteuers sind relativ fest vorgegeben, sodass der Spielleiter hier behutsam vorgehen muss, wenn sich seine Spieler nicht gegängelt vorkommen wollen.