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Es gibt im Momente, da beginnt die Prosa im Kopf des Lesers ihr Eigenleben zu entwickeln. Sie erhebt sich und bildet neue Bilder - erweckt so ein Gefühl des Schwebens. Dieser Zustand zeugt von einer Gewandtheit des Autors im Umgang mit der Sprache, die nicht alltäglich ist. Diesem Phänomen begegnet man bei der Lektüre von Eddie M. Angerhubers Geschichten in "Das Anankastische Syndrom".
Acht unheimliche Geschichten von Deutschlands visionärsten Phantastik-Autorin erwarten den Leser im vorliegenden Band aus dem Medusenblut Verlag. Wie immer gelingt es Eddie M. Angerhuber, mit den Geschichten Verstörung hervorzurufen, die noch nach Ende der Lektüre im Leser nachschwingt. Ein besseres Urteil für die Qualität von Horror Stories kann es nicht geben.
Thomas Ligotti vergleicht die Werke der Autorin mit den Geschichten von Stefan Grabinski und Thomas Owen Ich denke, dass sie aber in vielen Bereichen über die traditionelle Horrorstory hinausgeht. Ihre Geschichten bewegen sich teilweise auf eine Parallelbahn zu Ligotti zu, bleiben dabei aber anders - angerhubertypisch eben.
Die Story "Das Anankastische Syndrom" beispielsweise saugt geradezu in der Schilderung einer degenerierten Stadt einen Geist, den Ligotti erdacht haben könnte (ich sehe darin Elemente aus "Der Schatten am Grunde der Welt" und "In a foreign town...") - und das ist keinesfalls negativ! Im Gegenteil - Eddie M. Angerhuber bewahrt sich eine eigenständige Ausprägung, und das ist es, was die Autorin vom Epigonentum abhebt. Es sind hierbei die Detailbeobachtungen ("Der blaue Stern"), die mit gekonnten Vergleichen die Prosa in eine Art Schwebezustand versetzen - etwas Traumhaftes, das aber in der Realität verwurzelt ist. Es weist über den bloßen Schein hinaus...dahin, wo das Schreckliche seine Maske abnimmt.
"Solo für eine Königin" greift das Thema der lebenden Puppen auf, das schon E.T.A. Hoffmann inspirierte. Doch im Gegensatz zu Hoffmann, wird die Sicht der Lesers auf die Ereignisse in der Geschichte durch die Wahl einer Ich-Erzählform stark beeinflusst. Die Imaginationskraft muss dem Leser beistehen, um ein subjektives Bild der Vorgänge zu erhalten. Inwieweit die Hauptperson sich die Handlung einbildet, muss also vom Rezipienten entschieden werden.
Die Inhalte der Geschichten von E.M.Angerhubers Band "Das Anankastische Syndrom" näher zu beschreiben, würde der Faszination, welche von diesem Buch ausgeht, schädlich sein. Es kann dem Leser von ernsthafter Phantastik nur eine dringende Kaufempfehlung angeraten werden, denn das Buch wird sicherlich bald vergriffen sein und als Sammlerstück den Weg in die Herzen der Horrorfreunde finden.