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Im Jahr 1887 erblickte in einem Roman mit dem Titel "A Study in Scarlet" ein bemerkenswerter Mann das Licht der literarischen Welt, der zu einer der berühmtesten Romanfiguren aller Zeiten werden sollte: Sherlock Holmes, wohnhaft in der Baker Street 221b, beratender Detektiv und Meister der Deduktion und der Logik. Obwohl seine Beliebtheit bis heute niemals wirklich verschwand, haben Sherlock Holmes und sein Freund und Kollege, der ehemalige Militärarzt Doktor John Watson, gerade in den letzten Jahren ein großes Revival erlebt, was zu größeren Teilen an modernen und actionreichen Neuinterpretationen wie den beiden Kinofilmen mit Robert Downey Junior und Jude Law sowie der genialen BBC-Serie "Sherlock" liegen mag. Bereits in dritter Auflage erschien nun im Fischer Verlag "Das große Sherlock-Holmes-Buch", das, entgegen seinem Titel, als eher kleinformatiges Taschenbuch in wirklich jeder Tasche Platz findet!
Neben dreizehn gleichermaßen spannenden wie kurzweiligen Geschichten rund um Arthur Conan Doyles beliebte Romanfigur enthält das Buch eine editorische Notiz zur vorliegenden Sammlung, Daten zu Leben und Werk des Autors sowie den Werkbeitrag zu Sherlock Holmes aus Kindlers Literatur Lexikon.
Doyles Detektiv trat in insgesamt 56 Kurzgeschichten und vier Romanen auf. Die Auswahl der dreizehn im "Großen Sherlock-Holmes-Buch" versammelten Geschichten ist gut gelungen – es sind so berühmte dabei wie "Das letzte Problem", in welcher Sherlock seinen vermeintlichen Tod an der Seite seines Erzfeindes Moriarty findet, oder "Im leeren Hause", in der Holmes zum Entzücken von Watson und dem Leser wieder auftaucht. Vertreten sind unter anderem auch "Das gelbe Gesicht", "Holmes' erstes Abenteuer", "Der Katechismus der Familie Musgrave" und "Der Doktor und sein Patient". Viele Geschichten bieten verzwickte und bizarre Probleme, die der große Detektiv nahezu mühelos meistert und aufdeckt: Ob es um gestohlene Rennpferde geht, kurz vor der Hochzeit verschwundene Verlobte, Todesdrohungen in Form unscheinbarer Apfelsinenkerne oder um eine junge Frau, die unter rätselhaften Umständen ihren letzten Atemzug tut und dabei von einem "gefleckten Band" spricht – alle Fälle sind spannend zu lesen, oft überraschend, und immer geben sie natürlich Holmes eine Bühne für seine speziellen Fähigkeiten. Nicht immer geschieht dabei ein Mord, und viele vermeintliche Morde entpuppen sich im Nachhinein als etwas ganz anderes.
Die Geschichten, aufgeschrieben aus der Ich-Perspektive vom treuen – und keinesfalls trotteligen! - John Watson, sind dabei stets nach dem gleichen Schema aufgebaut: Meist sitzen Holmes und sein bester Freund behaglich im Wohnzimmer der Baker Street 221b, ein Klient (oder eine Klientin) in Not taucht auf, schildert seinen oder ihren sonderbaren Fall, Holmes lässt sich alles gründlich durch den Kopf gehen, verschwindet dann meist für eine Weile, um besondere Schritte einzuleiten – und präsentiert am Ende stolz des Rätsels Lösung. Obwohl sich dieser Aufbau immer wiederholt, stellt sich keine Langweile beim Leser ein, im Gegenteil, er ist begierig darauf, den nächsten Fall, den nächsten Klienten zu treffen und mehr spannende Fälle präsentiert zu bekommen. Arthur Conan Doyles Sprache ist altmodisch und es dauert ein paar Seiten, bis man sich eingelesen hat. Wer Sherlock Holmes im Original noch nicht kennt, wird vielleicht überrascht sein, wie sehr die Romanfigur und die Umsetzung auf der Kinoleinwand auseinander klaffen. Zwar ist Holmes bisweilen etwas sonderbar, unordentlich und eigenbrötlerisch, aber bei weitem nicht so exzentrisch, wie es gerne dargestellt wird, vor allem ist er weitaus höflicher. Er ist ein ausgezeichneter Fechter und Boxer, aber es gibt kaum actionreiche Szenen und keine ausufernden Schlägereien in seinen Abenteuern.
"Das große Sherlock-Holmes-Buch" ist eine sehr gelungene Zusammenstellung von dreizehn Holmes-Fällen – spannend, überraschend, häufig mit einer skurrilen Auflösung versehen. Durch die angenehme Kürze der einzelnen Episoden kann man hierhin, mal dorthin blättern und das Buch auch mal für einige Zeit aus der Hand legen. Früher oder später wird der Leser aber mit Sicherheit zurückkehren in die Baker Street, um von weiteren überraschenden und außergewöhnlichen Kriminalfällen zu hören!
Zwar keine Leseprobe, aber das komplette Inhaltsverzeichnis gibt es hier auf der Verlags-Website.