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Etwa drei Jahrhunderte lang hatte El Grecos Werk eine Art Dornröschenschlaf durchgemacht, höchstens nahm man es mit Spott und Hohn zur Kenntnis, als zu Beginn des 20. Jahrhunderts ein Umdenken einsetzte und vorwiegend deutsche Kunsthistoriker und Maler den auf Kreta geborenen, über Italien nach Spanien gelangten Maler geradezu schlagartig für sich entdeckten. In der Folge beeinflusste El Greco eine ganze Reihe expressionistischer Maler, unter ihnen Picasso, Beckmann, Macke und Kokoschka.
Bis zum 12. August 2012 ist im Museum Kunstpalast in Düsseldorf eine umfangreiche und spannend gestaltete Ausstellung zu El Greco und den Malern zu sehen, die sich von ihm inspirieren und ein Stück weit prägen ließen. Das hier besprochene Buch fungiert zwar auch als Ausstellungskatalog, geht jedoch inhaltlich weit darüber hinaus. Vor allem enthält es eine Reihe von Aufsätzen versierter Autoren, die jeweils einen bestimmten Aspekt herausgreifen.
Im ersten Teil geht es um El Grecos Rolle in der Geschichte der Malerei und um das "Expressionistische" in seinen Bildern; ein Aufsatz ist El Grecos berühmtem Laokoon-Bild gewidmet. Darauf folgen, nach Werkgruppen gegliedert, Abbildungen der in der Ausstellung präsentierten Werke des Künstlers mit ausführlichen Besprechungen zu jedem einzelnen. Ein weiterer Abschnitt untersucht, wie El Greco Einzug in die Moderne hielt und in verschiedenen europäischen Ländern neu entdeckt und interpretiert wurde. Anschließend wird speziell die Rezeption El Grecos durch Kunsthistoriker, Museen und Sammler in Deutschland betrachtet.
Ein Verzeichnis der ausgestellten Werke, eine Bibliografie, Autorenbiografien und weitere Informationen bilden den Anhang.
Es ist unmöglich, diesem gehaltvollen Buch im Rahmen einer kurzen Besprechung gerecht zu werden. In stimmiger Reihenfolge findet der an Kunst Interessierte darin eine Fülle an Essays, die sich jeweils mit einzelnen Themen befassen und diese detailliert und facettenreich, dabei jedoch auch spannend und sehr angenehm lesbar beleuchten. Daher lohnt sich die Lektüre nicht nur für Menschen mit umfangreichem Kunstwissen, sondern auch für Laien, die El Greco kennen lernen beziehungsweise ihre Kenntnisse vertiefen möchten.
El Grecos unverwechselbare Figuren mit ihren lang gestreckten, von den Proportionen her ungewöhnlichen Körpern, die von ihm verwendeten Farben, sein Pinselduktus: in der Ausstellung findet man sie zwischen Bildern der Expressionisten und mancher Impressionisten, die sich El Greco zugewandt hatten und sich von diesen Gemälden inspirieren ließen. Im Buch stehen El Grecos ausgestellte Werke zwar für sich und werden einzeln besprochen, sie werden aber natürlich dennoch in den verschiedenen Aufsätzen den modernen Bildern gegenübergestellt. Auch die Essays sind übrigens mit zahlreichen Abbildungen versehen; etliche davon sind nicht Teil der Ausstellung.
Die Aufsätze und dazugehörigen Bilder bieten dem Leser die Möglichkeit, sich intensiv mit dem Werk dieses so lange verkannten und auch heute nicht leicht zugänglichen Malers zu beschäftigen und zugleich eine wichtige Entwicklung im Rahmen der Moderne zu verstehen und zu verfolgen. Alle Abbildungen sind hochwertig, im Katalogteil zudem auch herrlich großformatig – jedem kommt eine Seite zu -, sodass man auch gern einmal die Bilder betrachtet, ohne zu lesen.
Wer die Ausstellung besucht hat, findet hier noch ein enormes Angebot an weiteren Informationen, wer sie besuchen möchte, kann sich anhand des Buchs optimal vorbereiten. Doch auch losgelöst von der Ausstellung ist dieses Buch einer der besten Bände zu einem kunsthistorischen Thema, die der Rezensentin in den letzten Jahren begegnet sind: inhaltlich umfassend, abwechslungsreich, trotz des Gehalts gut zu lesen und perfekt aufgemacht.
Wer vor dem Kauf im Buch blättern möchte, kann dies virtuell auf der
Verlagsseite zum Buch tun.