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 Erfolgreich als Designer, Band 3: Designzukunft denken und gestalten


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Preis - Leistungs - Verhältnis
Bücher über Design gibt es wie Sand am Meer, Bücher über den Designerberuf zwar etwas weniger, aber immer noch genug. Zumeist beschränken sie sich auf spezielle Designdisziplinen, geben mehr oder weniger konkrete Empfehlungen über "erfolgreiches" Design oder betrachten gelungenes Design retrospektiv.
Mit "Designzukunft denken und gestalten", erschienen als dritter Teil der Reihe "Erfolgreich als Designer", wagen die beiden Autoren Joachim Kobuss und Michael B. Hardt etwas völlig anderes und beleuchten den Designerberuf aus einer kritischen und vor allem sehr zukunftsorientierten Sichtweise heraus, der Schwerpunkt liegt dabei auf der Designwirtschaft. Das dicke Softcoverbuch ist nichts, um es zwischen Tür und Angel durchzublättern, und es bietet auch keine konkreten Design-Tipps oder gar mundgerecht servierten Checklisten, aus denen man sich auf die Schnelle etwas herauspicken könnte. Stattdessen gehen Kobuss und Hardt ungewöhnlich philosophisch an die komplexe Materie heran und bieten somit sowohl angehenden als auch gestandenen Designern vor allem eins: wertvolle Denkanstöße und überraschende Sichtweisen.

"Designzukunft denken und gestalten" umfasst drei Teile, aufgegliedert in siebzehn Kapitel; im Anschluss finden sich zehn Interviews mit Design-Experten unterschiedlicher Schwerpunkte (Juristen, Designer, Philosophen, Dozenten und so weiter).
Der erste Teil mit dem Titel "Gestaltend denken" lädt sofort dazu ein, sich kritisch mit Design und vor allem Designausbildung auseinanderzusetzen. Die Autoren erläutern, wie stark sich Ökonomie, Ökologie und Soziales derzeit im Umbruch befinden und welche großen Chancen die krisengebeutelte Erde (Stichworte Globalisierung, Überalterung, Überbevölkerung, Chancenungleichheit) Designern in der Zukunft bieten: als Problemlöser, als Zukunftsgestalter, als "Planer der Großbaustelle Erde". Im scharfen Kontrast zur Dringlichkeit der zu bewältigenden Aufgaben steht der Anspruch vieler heutiger Designer und der entsprechenden Lehrgänge - Design erfüllt oftmals nur noch den Anspruch, unwichtige Pseudowelten zu kreieren und zu gestalten, etwa im Bereich Game-Design. Auch dass etwa Industriedesign viele Übel erst in die Welt gebracht hat und dass Produktdesign die Sehnsucht nach billigen Konsumgütern mit eingebautem Verfallsdatum schürt (Obsoletismus), bleibt nicht unerwähnt. Ein erfrischender Ansatz in einer Branche, die sich gerne selbst feiert und ihre Kreationen mit pseudo-hippen Ausdrücken belegt, die bei näherer Betrachtung dann keinerlei Sinn ergeben. In Unterkapiteln wie "Metatrend Nachhaltigkeit", "Evolutionäre Dynamik der Gesellschaft" oder "Gebrauchen statt Verbrauchen" stellen die Autoren die Gegenwart auf den Prüfstand und präzisieren die Anforderungen an die Zukunft.

Deutlich theoretischer (und etwas weniger kämpferisch) gestaltet sich der zweite Teil des Buches, betitelt "Denkend gestalten". Hier drehen sich die Themen unter anderem um Ästhetik und Nachhaltigkeit, um Semiotik, den Kernnutzen von Kommunikationsdesign, die digitale Revolution und das ewige Prinzip "form follows function". Dieser Mittelteil ist durchaus lesenswert, hin und wieder jedoch etwas verkopft geraten beziehungsweise den meisten wahrscheinlich aus dem theoretischen Teil des Studiums noch bekannt. Wer hier vorblättert und nur die Quintessenz am Ende der einzelnen Unterkapitel liest, verpasst am wenigsten; dennoch ist auch dieser Teil des Buches lesenswert, weil gut auf dem Punkt gebracht und aufbereitet.

Im dritten und letzten großen Abschnitt des Buches geht es unter dem Titel "Gewinnend denken und gestalten" unter anderem um den Nutzen von Netzwerken und um prozessorientierte Dienstleistungen, also auch um Beratung und Planung, die neben der Gestaltung eine wichtige Rolle im Berufsleben des Designers spielen. Die beiden Autoren fordern werdende Designer auf, vor dem Hintergrund ökonomischer und gesellschaftlicher Veränderungen "anders zu denken" und erfolgreiche Visionen statt hübscher Illusionen zu entwickeln. Interessant und treffend sind hier unter anderem die Gedankengänge zu den unvermeidlichen Pitches und den häufig unzureichenden Briefings der Auftraggeber, die nahezu unausweichlich zu unökonomischen Re-Briefings und enttäuschten Erwartungen auf beiden Seiten führen, einfach weil die Designer nicht wirklich in den Planungsprozess eingebunden werden.
Nahtlos angeschlossen an den letzten Buchteil sind die zehn Interviews sowie die Anhänge, die unter anderem kurze Autorenporträts, Infografiken, Adressen, ein Literaturverzeichnis sowie die Indexes enthalten. An dieser Stelle - beziehungsweise vor den Anhängen - hätte man sich definitiv noch ein Schlusswort, ein Resümee der Autoren gewünscht, endet der dritte Teil doch etwas abrupt und ohne einen persönlichen Ausblick oder ein Fazit.

"Designzukunft denken und gestalten" ist eine sehr lesenswerte, manchmal etwas anstrengende Sammlung teils bewusst subjektiver, aber sehr wertvoller Ansichten, die sich wohltuend vom üblichen Blabla und der häufig anzutreffenden Selbstbeweihräucherung im Designerbereich abhebt und stattdessen zum kritischen Denken und Hinterfragen einlädt.
Die Zukunft braucht, wie die Autoren schreiben, keine Gestalter von irrealen Pseudowelten, die sich nur an bereits bestehenden Dingen orientieren und dabei noch möglichst viele trendy Begriffe verwenden, sondern kluge und kreative Macher, Planer, Denker, die Visionen entwickeln und Probleme lösen - für eine bessere Welt. Dass Designer sein eben nicht nur ein "cooler" Beruf ist, sondern mit Verantwortung einhergehen soll und muss, ist nur einer der vielen interessanten Schlüssen, die man aus diesem Werk ziehen kann. Daher ist das Buch gleichermaßen empfehlenswert für Profis und Neulinge im Bereich Design!

Christina Liebeck



Softcover | Erschienen: 1. Januar 2012 | ISBN: 978-3034605960 | Preis: 34,90 Euro | 341 Seiten | Sprache: Deutsch

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