Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Bildqualität | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Die Selbstliebe, die amour-propre, spielt in Rousseaus Theorien eine große Rolle. Sie ist es, die für die Ungleichheit unter den Menschen und damit für die Übel menschlichen Zusammenlebens ursächlich ist. Dieser Interpretation stimmt auch der amerikanische Philosoph Frederick Neuhouser zu. Doch im Gegensatz zur vorherrschenden Meinung glaubt er in Rousseaus Konzept auch die Möglichkeit des Guten zu erkennen. Die amour-propre mag Ursache des Übels sein, aber sie soll auch die Quelle der Überwindung desselben sein.
Neuhouser argumentiert in seinem Buch "Pathologien der Selbstliebe" auf 380 Seiten in vier Teilen für diese These. Nach einer einleitenden Skizzierung seines Argumentationsganges beschreibt er im ersten Teil das Wesen der amour-propre bei Rousseau. Im zweiten Abschnitt behandelt der Autor die Wirkungen dieses Konzepts, also ihre Gefahren und ihre Verbreitung. Im dritten und vierten Kapitel wird die amour-propre mit Begriffen der Psychologie untersucht. Es geht um Therapie und Heilung. Dabei werden insbesondere im letzten Kapitel, aber auch die Beiträge der Selbstliebe selbst untersucht, die schließlich zur Herausbildung vernünftiger Subjekte führen.
Im Schlussteil fasst Neuhouser seine Ergebnisse zusammen. Im Anhang finden sich ein Literaturverzeichnis sowie ein Namens- und ein Sachregister.
Frederick Neuhousers "Pathologien der Selbstliebe" ist leicht zu lesen und philosophisch dennoch anspruchsvoll. Der Autor führt über den Begriff der amour-propre nicht nur kenntnisreich und fundiert in einen wichtigen Teil der Philosophie Rousseaus ein, sondern streitet überzeugend für eine bisher wenig verbreitete Interpretation dieses Konzepts. Das Ergebnis ist ein spannend geschriebenes Buch, das sowohl für Laien als auch Experten lehrreich ist und mit dem der Leser sich zugleich argumentativ auseinander setzen kann.
Neuhouser legt in jedem Teil seiner Argumentation deutlich dar, wie er zu seinen Schlüssen kommt. Er erläutert stets, warum er welche Texte für seine Interpretation heranzieht und welche nicht. So ist seine Argumentation immer nachvollziehbar. Dem Leser wird es leicht gemacht an Hand der Texte Rousseaus den Argumentationsgang kritisch zu überprüfen.
Die Hauptthese des Buches wird sicher auch von einigen Philosophen und Studierenden kritisch nachvollzogen werden. Der amour-propre ihren negativen Charakter zu nehmen und sie zu einem neutralen Konzept zu machen, deren "Pathologie" einer Therapie bedarf, um ihre positiven Potenziale für Menschen und Gesellschaften freizulegen, dürfte in ihrer Originalität zu einigem Widerspruch führen und die Forschungsdebatten um Rousseau anregen.
Das Werk ist also allen Interessierten an politischer Philosophie sehr zu empfehlen!
Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagswebsite.