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Die BuchWelt befindet sich im Umbruch – endlich wurde das lange angekündigte Große Remake durchgeführt. Nun gleicht die literarische der echten Welt und besitzt geographische Strukturen, was allerdings auch zu Animositäten und Feindseligkeit zwischen einzelnen Genres führt. Thursday Next macht sich allerdings eher Gedanken um ihre Rolle in den Thursday-Next-Romanen und die Tatsache, dass die Reihe kaum noch gelesen wird. Die Leser mochten offenbar die letzte Thursday-Besetzung und deren freizügige Interpretation mit massenhaft Sex, Gewalt und Action weitaus lieber als die aktuelle Thursday, die nicht aus ihrer friedlichen, verständnisvollen und vernünftigen Haut heraus kann.
Dann gibt es plötzlich Ärger in der BuchWelt: Die "scharfen Romane" drohen damit, eine schmutzige Bombe hochgehen zu lassen – ein Genre-Krieg scheint unabwendbar. Bei den in Kürze anstehenden Friedensverhandlungen sollte eigentlich die echte Thursday aus der realen Welt eine entscheidende Rolle spielen, allerdings ist sie spurlos verschwunden … Gleichzeitig stürzt mysteriöserweise ein Roman ab und verteilt seine Trümmer gleich über mehrere Genres. Mit der Aufklärung des Absturzes wird ausgerechnet die geschriebene Thursday beauftragt. Schon bald gewinnt sie den Eindruck, dass sie lediglich deshalb mit diesem heiklen Auftrag betraut wurde, weil ihr niemand etwas zutraut, sie den Fall sowieso nicht lösen kann und dies jemandem, der die Zusammenhänge vertuschen will, gerade recht kommt.
Doch mit dieser Erkenntnis erwacht Thursdays Ehrgeiz: Irgendwer hegt offenbar finstere Pläne und das Verschwinden der echten Thursday Next steht damit in direktem Zusammenhang. Gemeinsam mit dem mechanischen Butler Sprockett macht die Buch-Thursday sich daran, zum ersten Mal in ihrem Leben etwas mit Mut und Entschlossenheit zu Ende zu bringen …
Mit dem vorherigen Band 5 "
Irgendwo ganz anders" (First Among Sequels) startete Jasper Fforde den zweiten Zyklus seiner genialen
Thursday-Next-Reihe, der insgesamt vier Teile umfassen soll. Band 6 trägt den Titel "Wo ist Thursday Next?" und schlägt gewissermaßen neue Wege ein, auch wenn wesentliche Teile natürlich gleich geblieben sind: Ffordes große Liebe zu Büchern, die sich in pausenlosen literarischen Anspielungen ausdrückt, abgedrehte Handlungselemente, skurrile Charaktere und die liebenswert-schräge BuchWelt mitsamt ihren höchst eigenwilligen Gesetzmäßigkeiten.
Der große Unterschied diesmal: Die echte Literaturagentin Thursday, die in allen Romanen bisher die Hauptrolle spielte, ist verschwunden und taucht auch nur sehr kurz auf. Dieses Mal wird die Handlung von der fiktiven Thursday Next bestritten, die im Band "Irgendwo ganz anders" an der Jurisfiktion-Prüfung scheiterte und dem Leser am ehesten durch ihren Hang zu geblümten Röcken und Pilates und ihre naiv-nervige Öko-Haltung in Erinnerung blieb. Damit spielt nicht nur fast der gesamte Roman in der BuchWelt, zum ersten Mal überhaupt wird die Handlung komplett aus der Sicht der Romanfiguren bestritten. Das ist extrem reizvoll und von Fforde gewohnt originell umgesetzt worden, krankt aber ein klein wenig daran, dass die Buch-Thursday eben nicht die richtige Thursday ist. Zwar lernt die geschriebene Thursday Next im Verlauf der spannend inszenierten Verschwörung, in die sie unverschuldet hineingerät, immer mehr dazu, wird entschlossener und mutiger (sie besucht sogar die reale Welt, definitiv ein Highlight des Romans!), doch sie ist eben nicht ohne Grund durch die Jurisfiktion-Prüfung gefallen. Im Vergleich zur echten Thursday bleibt sie stets eine Schauspielerin: ein wenig blasser und weniger faszinierend als das Original. Zum Glück wird Thursday von dem mechanischen Butler Sprockett durch die Handlung begleitet. Der pflichtbewusste Roboter ist ein wenig der heimliche Star des Buches; gemeinsam geben die beiden ein richtig gutes Gespann ab. Auch die anderen Nebenfiguren sind oft für eine Überraschung gut - zum ersten Mal lernt der Leser die echte Pickwick kennen, oder besser gesagt: den missgelaunten, zickigen Dodo, der Pickwick spielt. Und natürlich gibt es für Bibliophile wieder enorm viel zu entdecken und viel zu lachen. Um alle Witze und Anspielungen zu verstehen, sollte man wirklich schon einige Bücher, vor allem die Klassiker, gelesen haben.
"Wo ist Thursday Next?" ist lesenswert, keine Frage! Wer die Reihe liebt, wird sich zweifellos auch diesen Roman nicht entgehen lassen. Trotzdem vermisst man die echte Thursday. Ihr fiktiver Ersatz gibt sich alle Mühe, im Vergleich zu den anderen Büchern der Serie lässt dieser aber leicht nach.
Ein Special zu Jasper Ffordes Welt gibt es hier auf der Verlags-Website!