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China erlebt zur Zeit ein Comeback. Lange Zeit galt China in Europa als eine fortschrittliche und zivilisierte Hochkultur. Im Laufe der frühen Neuzeit kippte dieses Chinabild. China selbst wurde Objekt der westlichen Kolonialisierungspolitik und des Imperialismus. Nun, nach dem Kalten Krieg, steigt China wieder auf, vor allem ökonomisch - und viele glauben, China sei dabei seinen alten Platz in der Welt einzunehmen. Das Interesse an China und seine Geschichte nimmt, wenig überraschend, daher immer mehr zu.
Eine neue deutschsprachige Geschichte Chinas hat nun Kai Vogelsang vorgelegt. Der Autor nimmt sich vor, im Gegensatz zur üblichen Epocheneinteilung nach Dynastien die chinesische nach einem anderen Prinzip zu gliedern: nach strukturellen Brüchen. Jede Epoche, die er ausmacht, ist gekennzeichnet durch ein herausstechendes Strukturmerkmal, beispielsweise durch das Begriffspaar Zentrum und Peripherie oder durch den chinesischen Nationalismus.
Vogelsang arbeitet nach diesem Prinzip neun Epochen heraus, denen jeweils ein Kapitel gewidmet ist. Jedes Kapitel beginnt mit einer kurzen Zusammenfassung und einer Chronologie. Außerdem finden sich in allen Abschnitten kurze ein- bis zweiseitige Exkurse zu wichtigen Begriffen. Diese Exkurse können sich auf Erfindungen wie Papier oder Porzellan beziehen, aber auch auf Politisches, Philosophisches oder Gesellschaftliches, wie Nation, Natur oder Sport. Der Text wird durch einige Abbildungen und Karten ergänzt. In der Mitte des Buches finden sich einige Seiten mit farbigen Abbildungen.
Im Anhang gibt es Literaturhinweise zu jedem Kapitel und Exkurs und ein Register. Außerdem wird auf die Website zu dem Buch verwiesen, auf der weitere Literaturangaben und Quellentexte zu finden sind.
Kai Vogelsangs "Geschichte Chinas" ist eine sehr gut lesbare und innovative Einführung. Die Gliederung des Buches gibt bereits sein inhaltliches Programm wieder. Der Autor will nicht einfach die zigste Einführung zu dem Thema schreiben, sondern einen neuen Blick auf China eröffnen. Anstatt sich an jeder Dynastie abzuarbeiten, versucht er für jeden Zeitraum den strukturell bestimmenden Faktor herauszuarbeiten. Wechselt die Wichtigkeit dieser Faktoren, liegt eine Zäsur vor. Da die so entstehenden Epochen mitunter quer stehen zu den Regierungsphasen einzelner Dynastien, gibt bereits das Inhaltsverzeichnis einen ersten Eindruck von Vogelsangs Chinabild.
Inhaltlich mag dieses Vorgehen für jeden Zeitraum unterschiedlich gut funktionieren. Dass wirklich jeden gewählten Zeitraum nur ein besonders hervorstechendes Strukturmerkmal charakterisiert, ist eher unwahrscheinlich. Für den Leser ist dieses Konzept aber in jedem Fall freundlicher als den bloßen Wechsel der Dynastien als Zäsuren darzustellen. Nach der Lektüre dieser Einführung hat der Leser ein sehr viel tieferes Verständnis der chinesischen Geschichte.
Sehr hilfreich sind auch die Exkurse zu den verschiedenen Begriffen. Sie erlauben dem Leser, abseits vom Fließtext zu einzelnen Aspekten mehr zu erfahren. Außerdem wird das Buch durch diese Exkurse und das Register zu einem guten Nachschlagewerk.
Die vielen Bilder und besonders das hilfreiche Kartenmaterial sind ebenfalls sehr gelungen. Die farbigen Aufnahmen in der Mitte des Bandes runden das Werk sehr schön ab. Dass der Autor auf einer Website außerdem zusätzliche Literaturangaben und auch Quellentexte zugänglich macht, eröffnet dem stark interessierten Leser darüber hinaus noch weitere Informationsquellen.
Das Buch ist also für alle China-Interessierten sehr zu empfehlen. Sowohl Laien als auch Studenten und Wissenschaftler dürften einiges an Mehrwert aus der Lektüre ziehen. Einzig der recht hohe Preis ist etwas abschreckend.
Eine Leseprobe gibt es auf der Verlagswebsite.